Besser Schlafen mit Yoga
Bild: Xenia Bluhm für YogaEasy

Besser einschlafen mit Yoga: Tipps & Übungen

Von Katharina Goßmann, Dr. Jürgen Hoppe und Dana Schwandt

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Yoga, Pranayama & Meditation verbessern nachweislich den Schlaf: Sanfte Vorbeugen, Yin Yoga und Yoga Nidra beruhigen das Nervensystem – von einer späten, intensiven Praxis und Rückbeugen am Abend wird abgeraten.
  • In der indischen Heilkunst Ayurveda wird ein fester Tagesrhythmus empfohlen (am besten vor 22 Uhr schlafen gehen) sowie ein leichtes, frühes Abendessen. Essentiell ist die Reduzierung von Stress und Reizüberflutung. Außerdem wird zu Massagen, Wärme und ausgleichenden Atemübungen wie Anuloma Viloma geraten.
  • Schlafmediziner Dr. Jürgen Hoppe empfiehlt ein beruhigendes Abendritual sowie ein kühles, dunkles Schlafzimmer. Blaulicht sollten Betroffene abends vermeiden. Koffein, Nikotin und Alkohol sollten reduziert, Mittagsschlaf und Nickerchen vermieden werden.

Kannst du schlecht einschlafen? Damit bist du nicht allein.

Die Ursachen für schlechten Schlaf sind vielfältig. Frauen kämpfen besonders während der Schwangerschaft, nach der Geburt sowie in den Wechseljahren mit Schlafproblemen. Daneben beeinflussen Faktoren wie Stress im Privatleben und bei der Arbeit, unregelmäßige Schlafzeiten, zu wenig Bewegung, ungesunde Ernährung, Alkohol- und Drogenmissbrauch, psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen die Schlafqualität negativ. 

Laut Statista schläft ein Viertel der Deutschen schlecht oder sehr schlecht. Menschen mit chronischen Schlafproblemen – und das sind in den westlichen Industrieländern etwa 15 Prozent der Bevölkerung – leiden dauerhaft unter den Folgen ihres Schlafmangels, von Stimmungsschwankungen über Übergewicht bis zu Typ-2-Diabetes. Denn Schlaf ist mehr als Regeneration – tiefer, guter Schlaf in ausreichender Menge ist die Grundlage für ein gesundes, bewusstes Leben.

Was aber tun, wenn der Schlaf nicht kommen will oder du regelmäßig frühmorgens aufwachst und bis zum Weckerklingeln nicht mehr einschlafen kannst? Wir erklären dir zusammen mit Ayurveda-Expertin Dana Schwandt und Schlafmediziner Dr. Jürgen Hoppe, wie Yoga, Atemübungen, Meditation und schlaffördernde Gewohnheiten dir helfen können, besser zu schlafen.

Inhalt

  1. Wie Yoga, Pranayama & Meditation einen gesunden Schlaf unterstützen
  2. Die besten Tipps aus dem Ayurveda für einen gesunden Schlaf
  3. Allgemeine Tipps für eine gute Schlafhygiene von Dr. Jürgen Hoppe
  4. Wann ist es Zeit, Hilfe zu holen?
  5. Abendritual für einen guten Schlaf
  6. Und wenn gar nichts hilft?

 

1. Wie Yoga, Pranayama & Meditation einen gesunden Schlaf unterstützen

Regelmäßiges Yoga hilft bei Schlafproblemen

Eine aktuelle Meta-Analyse chinesischer Forscher (Harbin Sport University, Sleep and Biological Rhythms) wertete 30 Studien mit über 2500 Teilnehmenden aus. Das Ergebnis: Von allen Bewegungsformen unterstützte hochintensives Yoga – also Sequenzen, die fließende, schnelle und langsame Übungen kombinieren und sowohl Ausdauer als auch die großen Muskelgruppen beanspruchen – einen gesunden Schlaf am effektivsten. Schon zweimal 30 Minuten pro Woche zeigten nach acht bis zehn Wochen deutliche Verbesserungen. 

Warum gerade Yoga so stark wirkt, erklären die Forscher so: Es trainiert nicht nur den Körper, sondern reguliert auch den Atem und aktiviert das parasympathische Nervensystem, das uns hilft, herunterzufahren und auf allen Ebenen zu entspannen. Genau dieser Zustand ist die Eintrittskarte für erholsamen Schlaf.

Schlafexperte Dr. Jürgen Hoppe rät, sich nicht zu spät abends körperlich auszupowern:

„Sport und körperliche Aktivität sind sehr wichtig, um die Balance zwischen Anspannung und Entspannung aufrecht zu erhalten. Trainingsprogramme sollten aber nicht zu spät abends absolviert werden, damit sich Körper und Geist vor dem Einschlafen ausreichend entspannen können.“

Besonders die sogenannten Herzöffner, auch Rückbeugen genannt, solltest du abends vermeiden. Sie wirken anregend und aktivierend und eignen sich dagegen eher für den Morgen oder für ein Energietief im Laufe des Tages. 

Vorbeugen eignen sich wunderbar für eine sanfte abendliche Yogapraxis, um besser einzuschlafen, da sie beruhigend auf das Nervensystem wirken. Unter Vorbeugen versteht man im Yoga alle Übungen, in denen Rumpf und Beine einander durch Vorbeugen des Körpers näherkommen. Die bekanntesten Vorbeugen sind die stehende Vorbeuge (Uttanasana), die sitzende Vorbeuge (Paschimottanasana) und die Kopf-Knie-Haltung (Janu Sirsasana). Bei Unruhe kannst du diese Übungen abends vor dem Schlafengehen länger halten.


Probiere es einfach selbst aus mit der Übungssequenz „Entspanne am Abend mit Vorbeugen“ von Anna Rech:


Yin Yoga für besseren Schlaf

Auch Yin-Yoga ist perfekt für den Abend geeignet und hilft dir, besser einzuschlafen. Beim Yin Yoga hältst du entspannende Asanas für einige Minuten, um wirklich loszulassen und in eine tiefe innere Ruhe und Entspannung zu kommen.

Mach es dir so richtig gemütlich mit unterstützenden Hilfsmitteln wie Decke und Bolster in den folgenden Haltungen – vielleicht sogar im Bett? – und gleite danach in erholsamen Schlaf...


Weitere Yoga-Sequenzen für guten Schlaf


Online-Yogaprogramm: Besser Schlafen mit Yoga – YogaEasy


Meditation & Yoga Nidra: Frieden für den Kopf

Meditation ist Urlaub für den Kopf, ein Reset-Button für den Geist – und damit wertvolle Psychohygiene vor dem Schlafengehen. Und Meditieren ist eigentlich auch gar nicht schwer: Einfach regelmäßig zur gleichen Zeit bequem und mit aufrechtem Rücken hinsetzen – und sitzenbleiben. Wenn du willst, konzentriere dich auf deinen Atem und denke dazu „ein – aus“ oder „Sat – Nam“. Oder suche dir ein anderes Mantra, das dir hilft, von dem Karussell deiner Gedanken abzusteigen.

Mit der Zeit wirst du merken, dass du dich von deinen Gedanken immer mehr lösen kannst und beginnst, sie aus der Distanz zu beobachten. Dann wird es ruhiger in dir – und ein ruhiger Geist schläft gut. Wertvolle Tipps für Meditationsanfänger:innen findest du in diesem Artikel.


Auch Yoga Nidra – die yogische Entspannungstechnik, die auch „Yoga-Schlaf“ genannt wird – hilft dir, deinen Körper zu regenerieren und in einen Zustand tiefster Entspannung zu bringen – die beste Voraussetzung für einen guten Schlaf. Wer direkt einsteigen will, kann sich von der Münchner Lehrerin Ranja Weis und ihrer einzigartig sanften Stimme in den Yoga-Schlaf führen lassen:


Beruhigende Atemübungen: Atme dich müde

Es gibt kaum eine einfachere Methode als den Atem, um körperlicher und geistiger Übererregung entgegenzuwirken. Der Atem interagiert nämlich direkt mit unserem Nervensystem, sodass nicht nur dein innerer Zustand deutlich an deinem Atem abzulesen ist (wenn du kurz und hektisch atmest, bist du nicht entspannt), sondern du auch durch deine Atmung deinen inneren Zustand aktiv beeinflussen kannst.

1. Bauchatmung

Wenn du nicht einschlafen kannst, dann atme tief in deinen Bauch. Folge der Atemluft durch deine Nase in die Luftröhre bis hin zur Brust. Dann lass deinen Bauch weich werden und die Luft in ihn einströmen. Diese tiefe Bauchatmung (auch als volle Yoga-Atmung bekannt) wirkt entspannend und erdend. Hilfreich ist es auch, die Ausatmung länger als die Einatmung werden zu lassen – das aktiviert den Parasympathikus und beruhigt so das Nervensystem.

Wenn dir diese einfache Atemtechnik hilft, kannst du auch die ausgleichende Wechselatmung (Anuloma Viloma) ausprobieren, bei der abwechselnd durch das linke und das rechte Nasenloch ein- und ausgeatmet wird.

2. Verlängere die Ausatmung

Lege dich in Shavasana, die Totenstellung. Atme sanft in den Bauch und verlängere langsam die Ausatmung – etwa doppelt so lang wie die Einatmung (z. B. 4 Takte ein, 8 Takte aus). Das signalisiert deinem Nervensystem: „Alles ist gut. Du darfst loslassen.“

3. Zähle deine Atemzüge

Diese kleine Achtsamkeitsübung fürs Bett beruhigt den Geist – und bevor du es merkst, bist du eingeschlummert...

  • 8 Atemzüge auf dem Rücken
  • 16 Atemzüge auf der rechten Seite
  • 32 Atemzüge auf der linken Seite

4. Atme ins Herz

Lege die Hände auf dein Herz und spüre die Wärme. Denk an Menschen, die du liebst, und schick ihnen innerlich gute Wünsche. So öffnest du dein Herz und bringst dich in eine liebevolle, friedvolle Stimmung – ein wundervoller Ausklang für deinen Tag und eine wunderbare Unterstützung beim Einschlafen.

 

2. Die besten Tipps aus dem Ayurveda für einen gesunden Schlaf

Das Ziel der traditionellen indischen Gesundheitslehre Ayurveda ist, einen Lebensstil zu pflegen, der Körper, Geist und Seele optimal mit allem versorgt, was sie brauchen, und so die Grundlage für ein gesundes, erfüllendes Leben zu legen. Im Ayurveda ist Schlaf (neben Ernährung und Lebensweise) eine der drei Säulen des Lebens. Die Ayurveda-Expertin Dana Schwandt (und Autorin des Buches „Dein Neuanfang mit Ayurveda”) erklärt, warum unsere Schlafqualität so eng mit den drei Doshas Vata, Pitta und Kapha verbunden ist – und wie wir sie wieder in Balance bringen können.

Auf die individuelle Konstitution achten

Der Ayurveda unterscheidet drei unterschiedliche Konstitutionen (Doshas) – die einen sind eher kreativ und nervös (Vata), andere haben Power und mögen es dynamisch (Pitta), wieder andere lieben ihre Routinen und lassen sich nicht stressen (Kapha).

Je nachdem, welchem Typ du am ehesten entsprichst, wirst du mit unterschiedlichen Schlafproblemen zu tun haben und kannst dich mit entsprechenden Maßnahmen unterstützen:

  • Nächtliches Aufwachen (besonders zwischen 2 und 6 Uhr), unruhiger Schlaf und frühes Aufwachen deuten oft auf zu viel Vata hin. Hilfreich sind dieselben Maßnahmen, die ein gutes Einschlafen unterstützen: ein regelmäßiger Tagesrhythmus, viel Zeit für Entspannung und eine Vata-reduzierende Ernährung. Außerdem helfen Wärme, Abendroutinen und Ölmassagen, z.B. eine Sesamöl-Fußmassage.
  • Wenn du mit Hitze, Unruhe oder Träumen wach wirst, steckt meist zu viel Pitta dahinter. Dann helfen kühle, bittere und grüne Lebensmittel – und das Reduzieren von Kaffee, Alkohol, Zucker und Fleisch. Versuche, Reize zu reduzieren, nimm lauwarme Bäder, und praktiziere ausgleichende Atemübungen (s.o.).
  • Wenn du müde aufwachst und dich schwer fühlst, hast du zu viel Kapha: Schlafe nicht zu viel, stehe vor 6 Uhr auf und bewege dich dann gleich nach dem Aufstehen draußen.

Rhythmus statt Chaos

Unregelmäßigkeit ist der größte Feind gesunden Schlafs. Dana Schwandt:

„Auch unsere allgemeine Lebensführung hat einen Einfluss auf unseren Schlaf. Jedes Schlafproblem entsteht dadurch, dass zu viel Bewegung, zu viel Vata, in unserem inneren System ist und der Körper nicht tief genug in den Entspannungsmodus findet.”

Was dagegen hilft, sind feste Schlaf- und Aufstehzeiten sowie drei regelmäßige Mahlzeiten am Tag.

Stress reduzieren

Zudem ist es essenziell, Stress zu reduzieren, erklärt Dana Schwandt:

„Stress, egal wodurch ausgelöst, lässt unser Nervensystem in einem Modus laufen, der eigentlich nur dafür gedacht ist, uns in Gefahrensituationen zu schützen. Fühlen wir uns aber oft angespannt, aufgewühlt, gehetzt, verhindern wir, dass der Teil unseres Nervensystems, der für Regeneration, Stoffwechsel und Schlaf zuständig ist, seine Arbeit machen kann.“

Eine Analyse deines Alltags kann helfen, Stressoren zu identifizieren und in der Folge bewusst zu reduzieren sowie Phasen für Entspannung und Regeneration in deinen Tag zu integrieren. 

Schlaffördernde Ernährungsgewohnheiten

Die Ernährung hat großen Einfluss auf unsere Schlafqualität, wird aber oft unterschätzt. Aus ayurvedischer Sicht gilt es, Lebensmittel wie Kaffee, Alkohol, stark Gewürztes, Zucker und Weißmehl zu meiden – sie machen kurzfristig aktiv, führen aber mittelfristig zu Erschöpfung. Empfehlenswert sind dagegen Speisen, die deinen Blutzuckerspiegel stabil halten: frische, vollwertige Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkorn, Honig oder Ghee (geklärte Butter).

Im Ayurveda wird außerdem geraten, leicht Verdauliches zu essen: warme, gekochte Speisen, die du gut verträgst. Suppen, Eintöpfe oder sanft gekochtes Gemüse sind leicht verdaulich und deshalb ideal für den Abend.

Eine warme (Pflanzen)Milch mit einem Teelöffel Ashwagandha-Pulver (auch als Schlafbeere bekannt) am Abend beruhigt Körper und Geist zusätzlich.

Die Uhrzeit zählt

Dana Schwandt erklärt: 

„Aus ayurvedischer Sicht ist der Schlaf die wichtigste Regenerationsphase des Tages. Zwischen 22 und 2 Uhr (Pitta-Zeit) kommt die innere Putzfrau und holt den Dreck aus den hintersten Ecken. Zwischen 2 und 6 Uhr (Vata-Zeit) wird für den Abtransport des Drecks gesorgt. Die wichtigste Voraussetzung für diese Reinigung ist, dass die Verdauung der letzten Mahlzeit abgeschlossen ist. Wenn das nicht der Fall ist, setzt der Körper die Prioritäten anders und kümmert sich zunächst um das Verstoffwechseln. Dafür fährt er das ganze System hoch, anstatt es für den Schlaf herunterzufahren. Wir werden nicht so schnell müde, schlafen schlechter ein, eventuell nicht durch und wachen gerädert auf. Und die Tiefenreinigung fällt aus.”

Damit die nächtliche Reinigung funktioniert, sollte die Verdauung also vor dem Schlaf abgeschlossen sein. Ein spätes, schweres Abendessen blockiert den Prozess – der Körper arbeitet, statt sich zu erholen. Du solltest also leicht und früh essen – am besten vor 19 Uhr – und bis 22 Uhr ins Bett gehen, solange die sanfte Kapha-Energie uns noch müde macht. Danach übernimmt Pitta und hält uns wach und gedanklich aktiv. Optimalerweise solltest du auch vor 6 Uhr aufstehen. Nach 6 Uhr übernimmt laut Ayurveda die träge Kapha-Energie, und das Aufstehen fällt deutlich schwerer.

 

3. Allgemeine Tipps für eine gute Schlafhygiene von Dr. Jürgen Hoppe

Tageslicht ist die beste Schlafmedizin

Helles Tageslicht am Morgen stabilisiert die innere Uhr. In der heutigen Zeit ist unser Schlafrhythmus aber oft völlig von der Natur entkoppelt und wir verbringen den Großteil unserer Zeit in durchgängig gleich beleuchteten Innenräumen. Der Schlafmediziner Dr. Hoppe empfiehlt deshalb, möglichst früh am Tag nach draußen zu gehen (am besten innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem Aufstehen), um dem Körper klar zu signalisieren, dass der Tag begonnen hat.

Bei schweren Schlafproblemen rät er zu einem halbstündigen, morgendlichen Spaziergang. Bei allen anderen reichen schon zehn Minuten, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Das macht nicht nur wach und unterstützt eine positive Stimmung, sondern sorgt auch dafür, dass der Körper abends wieder in den Schlafmodus schaltet.

Abends sollte dann das schlafstörende Blaulicht von Handy, TV und Co. vermieden und auch sonst gedämmte Beleuchtung bevorzugt werden – das unterstützt den Körper beim Herunterfahren. Auch dann kann ein Spaziergang in der Abenddämmerung helfen, die Melatonin-Produktion anzukurbeln und so eine erholsame Nachtruhe zu fördern.

Kein Nickerchen bei Insomnie

Auch wenn du aufgrund deiner Schlafprobleme müde bist: Dr. Jürgen Hoppe rät von Mittagsschlaf ab, weil er das bestehende Problem verschärft:

„Von einem Mittagsschlaf oder Power Napping ist abzuraten, wenn bereits eine Schlafstörung besteht. Der bringt den Schlaf-Wach-Rhythmus nur noch mehr durcheinander. Ist ein Kurzschlaf zwingend erforderlich, sollte dieser nicht länger als 30 Minuten dauern. Denn wer sich angewöhnt, mittags zu schlafen, wird in der Folge zunehmend am Mittag müde und baut durch den Mittagsschlaf am Tag bereits Müdigkeit ab, die dann als ‚Schlafdruck‘ für das Ein- und Durchschlafen in der Nacht fehlt.“

Besser nicht (oder wenig): Koffein, Nikotin, Alkohol

Bei Schlafproblemen solltest du Koffein, Nikotin und Alkohol weitgehend reduzieren, rät Dr. Jürgen Hoppe:

„Alkohol eignet sich nicht als Schlafhilfe. Er kann beim Einschlafen hilfreich sein, stört aber das Durchschlafen. Das Problem einer Abhängigkeit ist nicht zu unterschätzen. Auch Koffein kann die Schlafqualität beeinträchtigen. Je nach Empfindlichkeit gegenüber dem Stoff kann schon die zweite Tasse Kaffee am Morgen das Einschlafen am Abend erschweren. Spätestens nach 16 Uhr also besser keinen Kaffee mehr trinken – dasselbe gilt übrigens für schwarzen beziehungsweise grünen Tee oder Cola. Nikotin hat ebenfalls eine stimulierende Wirkung. Raucher:innen sollten nach 19 Uhr auf das Rauchen verzichten – besonders die Wechselwirkung von Nikotin und Alkohol wirkt schlafstörend.“

Tipp: In Hinblick auf den morgendlichen Kaffee solltest du zudem versuchen, ihn erst etwa 90 Minuten nach dem Aufstehen zu trinken. In den ersten 60 bis 90 Minuten am Morgen schüttet der Körper nämlich Adenosin aus. Diese natürliche Substanz reguliert den Wach-Schlaf-Rhythmus. Kaffee stört den morgendlichen Adenosinstoffwechsel – und kann so abends zu Ein- und Durchschlafproblemen führen. 

Schlafzimmer – Ort der Ruhe & Erholung

Kühl, leise, dunkel sollte das Schlafzimmer sein – und nur zum Schlafen genutzt werden. So meint der Schlafexperte:

„Das Schlafzimmer sollte angenehm und schlaffördernd gestaltet sein. Lärm, zu viel Licht oder eine zu hohe beziehungsweise zu niedrige Temperatur können schlafstörend wirken. Auch ein laut schnarchender Partner kann uns den Schlaf rauben. Das Schlafzimmer sollte wirklich nur zum Schlafen dienen, also nicht noch als Arbeitszimmer oder Aufenthaltsraum tagsüber“,

Wachphasen nutzen

Dr. Hoppe empfiehlt, nächtliche Wachphasen achtsam zu nutzen – und notfalls das Setting zu wechseln:

„Wer Schwierigkeiten beim Einschlafen oder beim Wiedereinschlafen nach einem nächtlichen Erwachen hat, sollte zunächst versuchen, mithilfe eines Entspannungsverfahrens das Einschlafen zu erreichen. Hierfür geeignet ist eine Achtsamkeitsmeditation, bei der wir den Atem beobachten. Nächtliche Meditation unterstützt zusätzlich zum Schlaf den regenerativen Prozess in der Nacht. Gelingt auch dann das Einschlafen nicht, so ist es besser, das Bett zu verlassen und an einem ruhigen Ort das Wiedereintreten von Müdigkeit abzuwarten.“

Die Uhr sollte dabei am besten nicht im Sichtfeld stehen. Dr. Hoppe rät:

„Wir sollten vom Bett aus im Idealfall keine Uhr sehen können. Der Blick auf die Uhrzeit löst bei Schlafproblemen nur unnötige Grübeleien aus und erhöht so den Druck. Den Wecker also am besten umdrehen, sodass die Zeitanzeige verdeckt ist.“ 

 

4. Wann ist es Zeit, Hilfe zu holen?

Dr. Hoppe erklärt: 

„Von einer krankhaften Schlafstörung, einer Insomnie, spricht man, wenn Einschlafen und/oder Durchschlafen sowie die Erholsamkeit des Schlafs über mindestens einen Monat an mindestens drei Tagen pro Woche gestört sind und dies mit einer verminderten Leistungsfähigkeit am Tag verbunden ist“,

Spätestens wenn Müdigkeit, Gereiztheit, Herzklopfen oder Grübeln den Alltag dominieren, ist es ein guter Zeitpunkt, ärztliche oder psychologische Unterstützung zu suchen.

Dr. Hoppe empfiehlt einen mehrgleisigen Ansatz: Schlafwissen, Schlafhygiene, ein Entspannungsverfahren erlernen (Yoga, Meditation), Tagesstruktur, Stress- und Konfliktmanagement – und bei Bedarf vorübergehend auch Medikamente:

„Bei länger anhaltenden Insomnien kann es zu Beginn erforderlich werden, eine medikamentöse Behandlung einzuleiten, um Schlafstörung, Erschöpfung, innere Anspannung und Ängste schnell auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.”

Pflanzliche Präparate wie Baldrian oder Lavendel können helfen, sind aber eher für leichte Störungen oder in der Ausschleich-Phase geeignet.

 

5. Abendritual für einen guten Schlaf

Wie also könnte ein Abend aussehen, der dich optimal auf einen erholsamen Nachtschlaf vorbereitet? Hier ein Vorschlag:

  • Nach dem Essen: Licht dimmen, Handy weglegen, ein kurzer Spaziergang oder warmes Bad
  • Matte ausrollen: Sanftes Yoga mit Vorbeugen und Hüftöffnern (10 bis 15 Minuten), anschließend Bauchatmung im Liegen oder Wechselatmung (einige Minuten)
  • Im Sitzen oder Liegen: Meditation oder Yoga Nidra (10 bis 20 Min.)
  • Sesamöl-Fußmassage
  • Im Bett sitzend drei Dinge im Tagebuch notieren, für die du dankbar bist, und den Tag bewusst hinter dir lassen
  • Wecker umdrehen, Fenster kippen – und dann entspannen und loslassen

 

6. Und wenn gar nichts hilft?

Der englische Schlafforscher Guy Meadows (Buch-Tipp: Schlaf gut! Das Geheimnis erholsamer Nachtruhe) hat einen therapeutischen Ansatz entwickelt: die sogenannte Akzeptanz- und Commitment-Therapie. Sie lädt dazu ein, die Schlaflosigkeit nicht als Feind zu betrachten, sondern sie – samt aller Gefühle – anzunehmen. In dem Moment, in dem der Kampf endet, verliert auch der Druck seine Kraft. Genau diese Haltung kennen wir aus Yoga und Meditation: Hingabe an den Moment, Vertrauen in den natürlichen Rhythmus.

Also nimm den Druck raus. Nachts regelmäßig aufzuwachen ist keine Krankheit. Wenn du eine ausgeprägte Eule bist, wirst du auch nie eine Lerche werden. Und dann wirst du es eben auch nie so richtig gut finden, wenn du um 6 Uhr aufstehen musst, um die Kinder für die Schule fertigzumachen. So sei es. Und auch wenn du längerfristig nicht gut schläfst, geht die Welt nicht unter. Vielleicht hast du Augenringe, und bist nicht immer super gelaunt oder perfekt leistungsfähig. Aber wer ist das schon? Frag dich, was deine Schlaflosigkeit dir sagen will. Und dann nimm dich an, so wie du gerade bist. Denn du bist wunderbar – auch wenn du ein wenig müde bist.

Und wenn der Schlaf dann wieder mal nicht kommen will, lege dich in Shavasana: Arme und Beine leicht vom Körper abgespreizt, der Nacken lang, das Kinn leicht zur Brust gezogen, der Rücken entspannt auf dem Boden abgelegt und die Zehen nach außen fallend. Während du entspannt atmest, gehst du von oben nach unten durch deinen Körper – von der Kopfhaut bis zu jedem einzelnen Zeh – und löst Verspannungen. Wahrscheinlich wirst du nicht mal bis zur Entspannung der Oberschenkel kommen, bevor du einschläfst.

P.S.: Wenn diese Tipps nicht gleich wirken, gib deinem Körper und Geist Zeit, sich von den alten, ungünstigen Mustern zu lösen. Schlaf gut!

  


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Quellen: 

  • Dr. Guy Meadows: Schlaf gut! Das Geheimnis erholsamer Nachtruhe. Rowohlt Taschenbuch.
  • de.statista.com/statistik/daten/studie/1277632/umfrage/schlafqualitaet-der-deutschen/#statisticContainer
  • https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1277722/umfrage/durchschlafprobleme-der-deutschen/ 
Katharina Goßmann
Katharina Goßmann

Katharina ist Mutter, Yogalehrerin und Psychologin. Bei YogaEasy ist sie das Herz der Redaktion und schreibt über Yoga, wahres Glück und Heilung. Ihre Artikel werden unter anderem im „Yoga Journal” und in der „Happy Way” veröffentlicht.

Dr. Jürgen Hoppe
Dr. Jürgen Hoppe

Dr. med. Jürgen Hoppe ist Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Schlafmedizin. Nach langjähriger Krankenhaustätigkeit und Leitung eines Schlaflabors betreibt er im Ruhestand eine Privatsprechstunde für Schlafschulung in Hamburg (Schwerpunkt: Insomnien/Alpträume).

Dana Schwandt
Dana Schwandt

Dana Schwandt ist Yogalehrerin, Autorin und Coach. Bei ihrem Projekt Ichgold kannst du in Online-Coaching-Kursen lernen, gesund und glücklich dein Leben zu leben. Ihr Podcast „Da ist Gold drin” ist einer der erfolgreichsten seiner Art und ihr aktuelles Buch „Made for more – Du bist für mehr gemacht” landete sogar auf der Spiegel-Bestseller-Liste.