Bhakti Yoga Herz Hingabe
Bild: Xenia Bluhm für YogaEasy

Öffne dein Herz – mit Bhakti Yoga

Von Kerstin Linnartz

Im Yoga geht es nicht nur um körperliche Übungen, das spricht sich langsam herum. Denn neben der Yoga-Richtung, die sich vor allem um den Körper kümmert – Hatha Yoga – gibt es auch noch andere Yoga-Wege: Karma Yoga, Raja Yoga, Jnana Yoga und Bhakti Yoga. Vor allem Bhakti Yoga erfreut sich in der Yoga-Szene großer Beliebtheit. Was Bhakti Yoga genau ist, wie es praktiziert wird und warum die meisten großen Yogameister sich einig sind, dass Bhakti allem zugrunde liegen sollte, erfährst du hier.

Yoga des Herzens: Bhakti Yoga

Von den verschiedenen Yoga-Wegen ist Bhakti Yoga einer der sanftesten, aber auch einer der wichtigsten. Bhakti Yoga wird auch als „Das Yoga des Herzens“ bezeichnet, entsprechend sind die Ziele von Bhakti Yoga klar formuliert: Entwicklung der Hingabefähigkeit und Öffnung des Herzens. Zu Bhakti Yoga zählen unter anderem Chanting, Japa und Kirtan (das Rezitieren von Mantren und spiritueller Gesang), Pujas (spirituelle Zeremonien, in denen zusammen mit Gesang Gaben vor einen Altar gegeben werden und anderen Handlungen vollführt werden, um die jeweilige Gottheit zu ehren) oder Seva bzw. Karma Yoga (selbstloser Dienst).

Öffne dein Herz – mit Bhakti Yoga Harmonium

Oft wird Bhakti Yoga als etwas Religiöses interpretiert, und Rituale, in denen die persönlich gewählte Gottheit verehrt wird, finden tatsächlich in Tempeln und bei religiösen Gelegenheiten statt. Und grundsätzlich ist tatsächlich jede religöse rituelle Handlung Bhakti – also etwa auch Rituale in der Kirche, in denen Gott Opfer dargebracht werden oder sein Name gesungen wird. Beim Bhakti Yoga stehen aber rituelle Handlungen vor allem symbolisch für die Entwickung der Hingabe an das Göttliche in uns selbst – also der bedingungslosen Liebe für sich selbst und alle Menschen gleichermaßen.

Jemandem, der von Natur aus ein offenes Herz besitzt, dürfte diese Art des Yoga leichtfallen, und eine solche Person wird den Riten offen und ohne Vorbehalte gegenübertreten. Wenn du jedoch Probleme hast, dein Herz zu öffnen, tust du dich wahrscheinlich zunächst schwer mit Bhakti Yoga. Die Gründe hierfür liegen möglicherweise in deiner Vergangenheit – und prägen vermutlich auch den Rest deines Lebens. Vielleicht verurteilst oder belächelst du rituelle Handlungen – das ist ein ziemlich deutliches Zeichen, dass Bhakti eigentlich richtig und wichtig ist für dich. Wenn du dich gerade selbst erkennst, dann lies weiter – auch wenn dein Impuls dahin geht wegzuschauen.

Bhakti Yoga: Keine Angst, viel Liebe

Bhakti Yoga hilft uns, ohne Angst hinzuschauen – auch wenn es unbequem ist. Die liebe- und hingebungsvolle Haltung, die Bhakti entwickelt, öffnet unser Herz nur vordergründig für die Gottheit, deren Namen wir chanten oder deren Mantra wir wiederholen. Auf tieferer Ebene findet statt, was Bhakti für unser Leben bedeutet: die Entwicklung des liebevollen Umgangs mit uns selbst. Am Ende bringt dies auch den liebevollen Umgang mit unseren Mitmenschen.

Du kennst sicher den Spruch „Nur wer sich selber liebt, kann auch andere lieben.“ Für Yoga-Praktizierende ist es also eine wundervolle Bereicherung, Bhakti Yoga zu üben – und für Yogalehrer sollte es Grundvorraussetzung sein! Leider gibt in der heutigen Zeit sogar unter Yogalehrenden Menschen, die nur auf den Körper fixiert sind und die Riten als esoterischen Kram abtun. Erst kürzlich las ich in einem Yogablog, dass es völlig egal sei, was irgendein alter Guru gesagt hat. Auch, wenn es natürlich richtig ist, dass du nichts tun solltest, was gegen deine tiefsten Überzeugungen ist: Solche Sätze spiegeln eine Attitüde, die sich an manchen Stellen der Yoga-Szene verbreitet: eine Unverbindlichkeit dem eigenen Sadhana gegenüber und Verzerrung des Yoga zu einer Form von Akrobatik. In diesem Kontext lohnt es sich regelmäßig an folgendes Zitat von Sri K. Pattabhi Jois zu denken:

„Yoga is an internal practice, the rest is just a circus.”

Wer wirklich Yoga praktizieren möchte, wird verstehen, dass Asanas die Vorbereitung des Körpers auf die innere Yoga-Praxis sind. Erst, wenn der Körper still sitzen kann, der Atem ruhig fließt und der Geist zur Ruhe kommt, beginnt Yoga: Vereinigung. Bhakti Yoga kann dabei helfen, diese Vereinigung auch über das geöffnete Herz zu erreichen. Durch die Verehrung des Aspekts, den eine Gottheit repräsentiert, kann ich diesen Aspekt in mir kulitivieren. So kann ich neben körperlichen auch geistige oder emotionale Defizite in mir heilen, ausgleichen und mich besser fühlen. Das meine ich mit „be better“: Es geht nicht darum, besser zu sein als andere. Nicht darum, etwas besser zu können. Nicht darum, immer besser zu werden. Sondern darum, sich einfach besser zu fühlen. Liebevoller auf die Welt zu schauen und besser mit sich selbst umzugehen. Das ist es, was die Welt heute dringender denn je braucht und was wir als Yoginis und Yogis der Welt schenken können. Es spricht nichts gegen schicke Yogabilder. Wenn Yoga jedoch nur visuell ausgedrückt wird und es innerlich keine Liebe gibt, sondern vielleicht sogar Verurteilung, Ablehnung und so weiter, dann bleibt es nur, was Guruji gesagt hat: ein Zirkus.


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Bhakti Yoga: Just do it!

Wenn du also spürst, dass liebevolle Qualitäten in dir noch ein wenig wachsen dürfen, dann probiere doch einfach mal Bhakti Yoga aus. Es gibt Schulen, die Rituale oder Chanten in ihre Klassen einbauen oder solche, die komplette Bhakti-Abende und Satsangs anbieten und unter bhakti-yoga.de findest du viele weitere Informationen, wie du Bhakti Yoga in deinem Leben lebendig werden lassen kannst. Du wirst durch gelebtes Bhakti Yoga schnell eine positive Veränderung erfahren – nicht zuletzt macht diese Praxis nämlich auch gute Laune!

Zum Schluss möchte ich einen großen Meister, Paramahansa Yogananda, zitieren:

„Yoga in Kombination mit Hingabe wirkt wie Mathematik: Es kann nicht schief gehen. Die richtige Einstellung, Verbindung zum Guru und Hingabe sind wichtiger als jede noch so exotische Technik.“

Kerstin Linnartz
Kerstin Linnartz

Kerstin Linnartz ist Yogalehrerin, Buchautorin und Moderatorin. 2005 beschließt sie eine Pause von der hektischen Medienwelt zu machen und reist nach Indien, wo sie sich tief mit den Hintergründen der Wissenschaft des Yoga auseinander setzt und ein Yoga-Resort gründet und betreibt. Die Liebe zum Yoga, das sie seit über 20 Jahren praktiziert, führt 2010 zur Gründung ihrer Firma be better, mit der sie heute weltweit Yogareisen, Ausbildungen und Business-Seminare anbietet.

Kerstin Linnartz26.11.2018
Liebe Marie, vielen Dank für Deinen Kommentar. Es tut mir leid, wenn Dich das Zitat von einem der Begründer des Yoga, Sri K. Pattabhi Jois, gekränkt hat. Ganz sicher war es nie seine Absicht, irgendjemanden zu kränken. In Indien drücken Lehrer sich jedoch manchmal etwas drastischer aus, um den Geist zum Nachdenken anzuregen. Wie Du richtig sagst, wird im Ursprungsland des Yoga nämlich das, was hier machmal Floskel ist, in seiner Gänze praktiziert, Körper, Geist und Seele in Betracht gezogen. Daß Du hier Mitglied bist und Dich so intensiv mit dem Thema Yoga auseinandersetzt, daß Du diesen Kommentar verfasst hast, zeigt, daß Du nicht nur an der Oberfläche interessiert bist- genau diesen Effekt wollten und wollen Meister wie Pattabhi Jois bewirken. Hier schmeisst niemand mit Steinen- im Gegenteil, lies doch mal genau nach: "Es geht nicht darum, besser zu sein als andere. Nicht darum, etwas besser zu können. Nicht darum, immer besser zu werden. Sondern darum, sich einfach besser zu fühlen. Liebevoller auf die Welt zu schauen und besser mit sich selbst umzugehen. Das ist es, was die Welt heute dringender denn je braucht und was wir als Yogis der Welt schenken können. Es spricht nichts gegen schicke Yogabilder. Wenn Yoga jedoch nur visuell ausgedrückt wird und es innerlich keine Liebe gibt, sondern vielleicht sogar Verurteilung, Ablehnung usw., dann bleibt es nur, was Guruji gesagt hat: ein Zirkus." Ich denke, als Yoga Liebende, Lehrende oder Praktizierende sollten wir der Welt zeigen, wie man Bhakti lebt- wie es im Artikel deutlich gesagt wird, ist mit schicken Bildern alles völlig in Ordnung. Und gerade für Anfänger ist natürlich der Körper das erste und einfachste Werkzeug. Gemeint ist hier das Abtrennen des Äußeren vom Inneren, was aus "Yoga" eine leere Hülle machen kann. Vielleicht hast Du schonmal Menschen erlebt, die nach einer Yogaklasse schlecht über andere reden oder die, die nach ein paar Jahren der Asana Praxis immer noch adharma oder himsa leben oder für die seva sinnloser Kitsch ist- genau davon ist hier die Rede. Es geht in dem Artikel um Bhakti Yoga und darum, wie man mithilfe der Entwicklung des eigenen Herzens eine liebevolle Haltung für alle Menschen erreicht- sicher sind wir uns einig, daß dies etwas ist, das der Welt aktuell sehr gut täte, oder? Dies ist eben über rein körperliche Übung schwerlich zu erreichen, wenn es hier Blockaden gibt. Genau das ist ja die Magie, die ganzheitliches Yoga von Sportarten unterscheidet. Die Erkenntnisse der Neurowissenschaft in diesem Kontext sind übrigens faszinierend und empfehlenswert, falls es Dich interessiert ; ) Ich wünsche Dir von Herzen eine gute Adventszeit, viele Freude beim Üben der körperlichen Aspekte des Yoga und wundervolle Erlebnisse auf Herzens- und spiritueller Ebene! Sonnige Grüße, Kerstin
Marie24.11.2018
Ich finde, hier werden ziemlich harte Urteile gegen die ausgedrückt, die Yoga auf rein körperlicher Ebene praktizieren. Zwar wird immer wieder postuliert, dass Körper und Seele eine Einheit sind, aber wer als Lösungsweg gegen das urmenschliche Leid vor allem Pflege des Körpers betreibt, macht vor allem 'Akrobatik' und 'Zirkus'? Es ist verständlich, dass die alten Inder und auch die 'neuen' , die erst Anfang des letzten Jahrhunderts geboren wurden, sich eine ziemlich bildliche Erklärung für die Phänomene von Körper und Geist ausgedacht haben, aber wissenschaftlich ist davon vieles nicht haltbar. Mittlerweile gibt es sogar etliche Neurowissenschaftler, die sagen, dass alles nur körperlich ist, neuronal hormonell, physiologisch. Interessanterweise nivelliert diese Vorstellung viel gründlicher das von den Yogis so viel geschmähte Ego als alle Spiritualität. Manchmal habe ich den Eindruck, die ständige Verpönung der 'AKROBATIK' um der schönen Bildchen willen und die Betonung des Spirituellen dienen eher dazu, die eigene Seele zu erhöhen, aufzuwerten und damit genau das Gegenteil von dem anzustreben, was behauptet wird. Gerne auch von Yogis, die ein Problem mit ihrem Körper haben, sei es, dass sie ihn hässlich finden, sei es, dass sie sich im Grunde über ihr Aussehen definieren. Bitte schmeißt doch nicht mit Steinen auf die, die Yoga voller Freude und Hingabe als Methode körperlicher Ertüchtigung, Heilung und Möglichkeit, auch als Erwachsener Mal wieder zu spielen, betrachten.