
Hüftöffner: Alles über die Hüfte im Yoga
Warum deine Hüfte mehr Aufmerksamkeit verdient
Die Hüfte ist eine wichtige und zentrale, aber auch komplexe Stelle im menschlichen Körper. Hier verlaufen die wichtigsten Bewegungsmuskeln. Hier sind Emotionen beheimatet – sagen die Yogi:nis. Aber warum sind die besagten offenen Hüften so wichtig? Sie sorgen für eine bessere Beweglichkeit im unteren Rücken. Richtest du dein Becken optimal aus, beugst du Rückenschmerzen vor und entlastest den unteren Rücken. Und auch deine Knie, Schultern und der Kiefer werden entspannt und entlastet. Mit offenen Hüften verminderst du Blockaden im Becken, was wichtig für den Energiefluss in dieser Region ist. Eine offene Hüfte wirkt sich also positiv auf das Svadhisthana-Chakra und somit auf deine Sexualität aus.
Aber wie geht es genau? Wie öffnet man die Hüften? Dazu muss erst einmal der anatomische Aufbau der Hüfte klar sein.
Anatomie: Wie ist die Hüfte aufgebaut?
Unsere Hüfte ist ein wahres Wunderwerk: Sie verbindet Ober- und Unterkörper, schenkt uns Stabilität – und vor allem Beweglichkeit. Anatomisch gesehen besteht das Hüftgelenk aus den beiden Beckenschaufeln und den Oberschenkelknochen, die über ein Kugelgelenk miteinander verbunden sind. Der Oberschenkelkopf sitzt in der Hüftpfanne und ermöglicht dir Bewegungen in nahezu alle Richtungen – ähnlich wie die Schulter.
Ein Netzwerk aus Muskeln, Nerven und Faszien
Rund um dieses Gelenk arbeitet ein fein abgestimmtes Team aus großen und kleinen Muskeln. Sie stabilisieren deinen Körper, halten dich aufrecht und bringen dich in Bewegung. Besonders wichtig ist der Psoas-Muskel: Er verläuft von der Lendenwirbelsäule durch das Becken bis zu den Oberschenkeln und ist essenziell fürs Gehen, Stehen und Sitzen. Auch der oft unterschätzte Beckenboden spielt eine zentrale Rolle – er bildet das Fundament im unteren Beckenraum.
Durch die Hüftregion verlaufen zudem wichtige Nervenbahnen, wie etwa der Ischiasnerv. Gerät dieses sensible Zusammenspiel aus Muskeln, Nerven und Faszien aus dem Gleichgewicht, spüren wir das meist deutlich – zum Beispiel durch Verspannungen, Rückenschmerzen oder eingeschränkte Beweglichkeit.
Ist ein Muskel verspannt oder blockiert, versuchen andere Strukturen, das Ungleichgewicht auszugleichen. Oft übernehmen stabilisierende Muskeln Aufgaben, für die sie eigentlich nicht gedacht sind – das führt auf Dauer zu Fehlhaltungen und Beschwerden, etwa im unteren Rücken oder in den Knien.
Die wichtigsten Muskeln in der Hüfte
Psoas-Muskel
Das, was wir immer lapidar unter dem Psoas zusammenfassen, ist eigentlich eine Muskelgruppe, die größtenteils in einem Strang von der Wirbelsäule durch die Hüfte zu den Oberschenkeln verläuft. Zur Vereinfachung bleiben wir aber beim „Psoas“. Er ist der große Hüftbeugermuskel und zieht in angespannter Form den Oberschenkel in Richtung Oberkörper (wie im Sitzen). Strecken wir unser Bein nach hinten, dehnen wir also den Psoas. Er beginnt an der unteren Brustwirbelsäule und verläuft dann abwärts ins Becken, bis er am Oberschenkelknochen endet. Er ist der einzige Muskel, der die Wirbelsäule mit den Beinen verbindet. Durch ihn sind unsere aufrechte Haltung und das Heben unserer Beine im Gehen erst möglich. Er sorgt für Stabilität und Gleichgewicht.
Durch Faszien ist der Psoas auch mit dem Zwerchfell verbunden. Da hier die Atem- und auch Angstreflexe ausgelöst werden, ist der Psoas davon unmittelbar betroffen. Er spannt sich mit an und stellt sich auf eine schnelle Flucht oder einen Kampf ein. Wenn wir durch Stress und Anspannung ständig den Psoas aktivieren, fördern wir Muskelverspannungen hin zu chronischen Blockaden. Das ist oft auch die Ursache für Rückenschmerzen, Ischias- und Knieschmerzen, aber auch Menstruationsbeschwerden oder Verdauungsprobleme. Außerdem übt er Druck auf die Nerven aus und sorgt so für einen schmerzhaften Bewegungsfluss. Autositz, Bürostuhl und unsere Couch sind dabei oft sein größter Feind.
Ist der Psoas nicht vollkommen entspannt, können wir außerdem viele Asanas nicht richtig ausführen. Daher ist das Entspannen eine der wichtigsten Disziplinen beim Yoga. Durch die Entspannung, selbst in anstrengenden Übungen, wird eine andere Bewegung meist erst richtig möglich.
Piriformis-Muskel
Der Musculus piriformis (kurz: Piriformis) ist ein birnenförmiger Muskel im Gesäß. Er liegt unter dem großen Gesäßmuskel (M. glutaeus maximus). Der Piriformis ist ein kleiner, oft unbemerkter Muskel, der aber schnell Beachtung finden kann, wenn er blockiert ist. Unter ihm verläuft nämlich der Ischiasnerv. Wenn der Piriformis krampft, drückt er auf ebendiesen Nerv. Dies wird oft mit einem Bandscheibenvorfall verwechselt und führt dann zu einer falschen Behandlung. Hier solltest du nicht abwarten, bis es von allein wieder gut wird. Eine solche Blockade kann nämlich auch chronisch werden. Wenn ein Nerv erst mal genervt ist, kann es lange dauern, bis der Schmerz wieder vergeht.
Der NDR hat einen interessanten Beitrag zu diesem Thema veröffentlicht.
Hüftöffner: Mehr Raum für Körper und Geist
Mit gezielten Hüftöffnern schenkst du deinem Körper neue Beweglichkeit und Leichtigkeit. Dabei geht es nicht nur ums Dehnen, sondern auch ums bewusste Loslassen. Viele Muskeln rund um die Hüfte sind durch unseren modernen Lebensstil verkürzt oder verspannt: Langes Sitzen, zu wenig Bewegung oder emotionaler Stress hinterlassen ihre Spuren.
Durch achtsame Yogaübungen kannst du diese tief liegenden Strukturen wieder beleben, sanft lösen und deinem Becken mehr Freiheit schenken. Und nicht selten darf sich dabei auch innerlich etwas lösen – denn die Hüfte speichert oft mehr als nur körperliche Spannung.
Die Hüfte aus yogischer Sicht
Hüftöffnende Asanas wirken also auf das Epizentrum deines Körpers. Aus yogischer Sicht sagt man auch oft, dass hier Emotionen, Stress und Anspannungen festsitzen oder spürbar werden. Die bessere Flexibilität, die durch Hüftdehnungen erreicht wird, und die Hingabe, die diese Asanas erfordern, wirken sich demnach positiv auf das emotionale Empfinden aus.
Die Hüfte wird außerdem durch Schultern, Knie und Kiefer gespiegelt. Daher können Verspannungen in der Hüfte auch auf Probleme in anderen Bereichen hindeuten und vice versa. Ein verspannter Kiefer zum Beispiel sorgt oftmals für eine Anspannung in den Hüften. Daher spielen gerade das Loslassen und die Hingabe eine große Rolle, wenn wir Asanas üben, die die Hüftmuskeln dehnen und so entspannen sollen.
Irrglaube: „Den Lotussitz können alle, wenn sie nur genügend üben.”
Es ist ein weitverbreiteter Glaube, dass mit genügend Dehnung Asanas wie der Lotussitz möglich sind, und so üben die fleißigen Yogi:nis auf ihr Padmasana hin. Anatomisch sind manche Leute aber einfach nicht in der Lage, sich in eine Brezel zu biegen. Für den Lotussitz (s. Foto) muss man sehr gelenkig sein. Wenn der Körper nicht gut gedehnt ist, die Muskeln im hinteren Bereich der Oberschenkel oder auch in der Lendenwirbelsäule verkürzt sind, sollte man sich nur langsam herantasten.

Ein Anzeichen dafür, dass du (noch) nicht bereit bist, ist oftmals, dass die Knie im kreuzbeinigen Sitz nicht von allein den Boden berühren. Oftmals werden dann die Knie in Richtung Boden gedrückt und die Haltung kann nur mit viel Druck oder Anstrengung gehalten werden. Das kann zu Verletzungen im Knie und den Menisken führen. Wird die Haltung erzwungen, geht das zumeist zulasten der Kniegelenke. Der volle Lotus ist nicht die einzige Asana, die mit Vorsicht zu genießen ist. Auch in anderen extremen Hüftöffnern können Verletzungen entstehen. Darum ist es keine Schande, Hilfsmittel zu nutzen und nur so tief zu gehen, wie es für dich passt. Das ist außerdem eine gute Übung, um das Ego auszuschalten. Denn nichts anderes ist der yogische Wunsch nach dem perfekten Lotus.
Auch der Beweglichkeit des Kugelgelenks ist eine Grenze gesetzt, die es zu erspüren gilt. Ein wichtiger Hinweis, der immer wieder in Yogastunden eine Rolle spielt, ist, die eigenen Grenzen zu kennen und zu wahren. Das ist aber nicht für alle immer möglich. Das Körpergefühl ist vielleicht bisher nicht vorhanden, oder aber die Wahrnehmung für sich selbst ist durch die Ereignisse des Tages getrübt. Generell gilt es, den Dehnungsschmerz, der eher als Ziehen wahrgenommen wird, von einem plötzlich einschießenden Schmerz zu unterscheiden. Dieser ist ein Warnsignal, denn es entsteht eine ungesunde Kompression, da sich die Knochen, salopp gesagt, im Weg sind.
Die Art des Schmerzes gibt also schon einen guten Hinweis auf die anatomische Beschaffenheit. Hier kannst du sehen, ob deine Muskeln verkürzt sind und durch Dehnung ein tieferes Hineinsinken in die Übung möglich wird. Oder ob du gerade im Begriff bist, deine Sehnen, Bänder und auch Gelenke überzustrapazieren. Manche Dinge müssen wir einfach akzeptieren. Zum Beispiel, dass der Oberschenkelknochen und die Gelenkpfanne bei jedem Menschen ein klein wenig anders gebaut sind, je nachdem, wie tief oder flach die Gelenkpfanne ist, manche Bewegungen einfach nicht möglich sind, weil Knochen uns Einhalt gebieten.
Generell kann man aber sagen, dass, egal, wo die Dehnung empfunden wird, an dieser Stelle die Flexibilität erhöht wird. Darum solltest du besonders darauf achten, wo du die Spannung empfindest, und durch die richtige Ausrichtung die Dehnung an die richtige Stelle lenken.
Hüftöffner: Darauf solltest du beim Üben achten
Um in die ideale Form des Lotussitzes zu gelangen, ist die Flexibilität der Hüftflexoren (Hüftbeuger) der Schlüssel. Der M. tensor fascia latae und der M. gluteus medius sind die Hauptmuskeln, die für eine einwärtige Rotation des Oberschenkels in der Hüfte zuständig sind. Der M. gluteus minimus ist hierbei Hilfsmuskulatur. Wenn diese Muskeln verkürzt oder unflexibel sind, beschränken sie die auswärtige Rotation des Oberschenkels und vermindern die Fähigkeit, den Lotussitz einzunehmen. Hinzu kommt, dass eine Spannung in diesen Muskeln eine erhöhte Belastung der Knie und Fesseln zur Folge hat.
Wenn du mehr über die Anatomie deiner Hüfte wissen willst und wie du so übst, dass deine Hüfte gesund bleibt, dann empfehlen wir dir Dr. Ronald Steiners „Yogatalk: Hüfte”:
Der Beckenbereich ist einer der beweglichsten des ganzen Körpers. Daher ist eine gute und richtige Ausrichtung hier wichtig. Sie beeinflusst nämlich die Ausrichtung des gesamten Körpers. Ein typischer Haltungsfehler ist ein nach vorn gekipptes Becken – Hohlkreuz, Rückenschmerzen, ein heraushängender Bauch und ein schwacher Beckenboden sind typische Folgen.
Aber auch bei einer Beugung in die andere Richtung gibt es Beschwerden. Typischerweise passiert das beim Sitzen. Die Oberschenkelmuskulatur ist verkürzt, und die ischiocrurale Muskulatur (Muskulatur der Oberschenkelrückseite) hat ebenfalls ihre natürlich Länge verloren. Gut zu sehen ist das im Grätschsitz: Viele Menschen können hier nicht mal mehr ihr Becken aufrichten und das hat auch für den Alltag Folgen. Es bedeutet nämlich, dass das Becken beim Herunterbeugen nach hinten gekippt bleibt und die Belastung so von den Bandscheiben aufgefangen werden muss. Für die Beweglichkeit des Beckens sind elastische Beinmuskeln von zentraler Wichtigkeit.
Im Stehen müssen also die Hüftbeugemuskeln lang und dehnbar sein. So kann sich das Becken aus der Kippung aufrichten und der untere Rücken kommt aus dem Hohlkreuz heraus. Im Grätschsitz muss die ischiocrurale Muskulatur – sie entspringt in den Sitzbeinhöckern und verläuft entlang der Beinrückseite, herab zu den Knien – lang und dehnbar sein, damit sich das Becken aufrichten kann und aus der Position des Rundrückens herauskommt.
Wichtig: Die Zentrierung des Hüftgelenks
Doch auch wenn du spielend hüftöffnende Haltungen einnimmst, ist eine Zentrierung des Hüftgelenks elementar wichtig. Eine dezentrierte Hüfte bedeutet immer auch eine erhöhte Verletzungsgefahr und funktionale Störungen – und das selbst bei alltäglichen Bewegungen. Es kann dazu führen, dass schon beim einfachen Gehen die Knie zur Seite wegsinken und so die Hüfte nicht mehr tragen. Das ist der Klassiker bei schwachen Hüft-Außenrotatoren, eine häufige Folge sind Knieprobleme. Eine gut zentrierte Hüfte hingegen wirkt sich positiv auf die Balance und die Stabilität in Yoga-Positionen aus. Wichtig ist es, dir zu vergegenwärtigen, dass die Zentrierung nicht statisch ist, sondern ein stetiger Prozess des Ausbalancierens. Außerdem solltest du darauf achten, dich erst zu zentrieren, bevor du in den Hüftöffnern loslässt. Fällt die Stabilisierung und Zentrierung weg, führen Hüftöffner leicht zu einem Auskugeln der Gelenke.
Ist die Hüfte aber geöffnet und gedehnt, bringt das viel Gutes mit sich. Etwa eine bessere Beweglichkeit im unteren Rücken und damit eine Prävention von Rückenschmerzen. Das Becken lässt sich leichter optimal ausrichten und Blockaden werden vermindert. Außerdem reduzieren sich Spannungen in den Knien.
Übungsstrecke 1: Hüftöffner-Übungen im Yoga
Asanas für offene Hüften entlasten die Knie, die Hüftgelenke, den unteren Rücken, aber auch Schultern und die Kiefermuskeln. Wie immer solltest du natürlich achtsam üben, aber hier auch noch ein besonderes Augenmerk auf die Hingabe legen, mit der du diese Übungen ausführst. Das ist der Schlüssel zu einer entspannten Hüftmuskulatur.
1. Happy Baby – Ananda Balasana
Diese Übung schafft eine angenehme Länge und Entlastung im unteren Rücken und öffnet die Hüfte sanft.
- Lege dich auf den Rücken und ziehe die Knie zum Oberkörper oder seitlich am Oberkörper vorbei, sodass deine Unterschenkel senkrecht zum Boden ausgerichtet und deine Fersen über deinen Knien positioniert sind.
- Dann greifst du mit den Händen deine Fußsohlen und ziehst sanft an deinen Füßen, sodass deine Knie sich in Richtung deiner Achselhöhlen bewegen.
- Versuche, dich bei jeder Ausatmung tiefer in die Dehnung sinken zu lassen.
In diesem Tutorial zeigt dir Annika Isterling, wie du Happy Baby richtig übst:
2. Schmetterling – Baddha Konasana

- Lege im aufrechten Sitz deine Fußsohlen aneinander, lasse deine Knie entspannt auseinanderfallen und wippe einige Male auf und ab. Dein Rücken bleibt aufrecht.
- Dann greifst du deine Füße und lehnst deinen Oberkörper nach vorn. Achte darauf, dass diese Bewegung nicht im unteren Rücken ausgeführt wird, sondern tatsächlich in der Hüfte.
- Ein Trick ist es, den Rücken ganz gerade zu lassen und auch den Hals in Verlängerung der Wirbelsäule.
- Mit dieser Übung dehnst du die Innenseiten der Oberschenkel und deiner Leisten. Achte genau darauf, dass kein Druck auf deinen Knien lastet.
3. Taube – Eka Pada Rajakapotasana

- Du bist im Vierfüßlerstand und legst das rechte Knie zwischen deine Hände. Dabei drehst du den rechten Oberschenkel im Hüftgelenk und bringst die rechte Gesäßhälfte Richtung Boden.
- Gleichzeitig streckst du das linke Bein nach hinten aus, wie in einem Spagat.
- Diese Asana übst du danach in die andere Richtung.
- Achte darauf, dass dein Becken immer nach vorn ausgerichtet bleibt und sich nicht dreht, da du sonst die Dehnung im Psoas minderst.
Mit der Taube dehnst du sowohl den Psoas als auch den Piriformis. Bei dieser Asana ist eine achtsame Praxis oberstes Gebot, da hier leicht Fehlstellungen im unteren Rücken und in den Kniegelenken entstehen, die auf lange Sicht Verletzungen und Verschleißerscheinungen nach sich ziehen können.
Auch die Ausrichtung der Hüfte spielt eine entscheidende Rolle. Sie sollte parallel zum vorderen Mattenrand sein. Achte darauf, dass sich die Hüfte nicht verdreht, wenn du eines der Beine nach hinten ausstreckst. Wenn du – wie die meisten Menschen – nicht beweglich genug bist, ganz hinunterzurutschen, ist es sinnvoll, das Gesäß auf einer Decke oder einem Bolster abzulegen, so vermeidest du ein Zur-Seite-Kippen deiner Hüfte. Menschen, die zu einem Hohlkreuz tendieren, neigen in der Taube gerne dazu, tiefer in die Fehlstellungen zu sinken. Achte bewusst darauf, dass dein Rücken lang wird und die aktivierte Muskulatur im unteren Rücken eben diesen schützt. Wenn du richtig dehnst, solltest du keine Spannungen im unteren Rücken spüren.
Übungsstrecke 2: Effektive Übungen für die Hüftgelenke
Mit der folgenden Übungsstrecke aus dem Buch „Der Yoga-Doc – Beweglich und schmerzfrei mit Faszien-Yoga” von Dr. Ronald Steiner bringst du dein Hüftgelenk in den für seine – und deine – Gesundheit so wichtigen Schwebezustand. Dabei bringen wir die gegenläufig helikal verlaufenden und das Hüftgelenk überspannenden Faszienzüge aus verschiedenen Richtungen in Spannung.
Übung 1: Beinrotation in Rückenlage

- Komme in eine bequeme Rückenlage mit gestreckten Beinen. Hebe dein linkes Bein eine Handbreit vom Boden ab.
- Behalte die maximale Länge und Streckung im linken Bein bei, während du dein gesamtes Bein aus dem Hüftgelenk heraus nach innen und außen rotierst. Der geflexte Fuß bleibt an seiner Position zum Unterschenkel und macht bei der Rotation eine Scheibenwischerbewegung.
- Setze diese Übung fort, bis du eine leichte Ermüdung in der tiefsten Hüftmuskulatur spürst. Vielleicht erspürst du sogar den tangential das Hüftgelenk überspannenden Verlauf. Wiederhole die Übung mit dem anderen Bein.
Effekt:
Das Anheben des Beins aus der Rückenlage aktiviert die Muskulatur an der vorderen Seite des Hüftgelenks. Durch das Drehen werden die diagonal über das Hüftgelenk verlaufenden myofaszialen Züge aktiviert. Diese sind Teil der gegenläufigen Doppelhelix im Hüftbereich.
Übung 2: Beinrotation in Seitenlage – unteres Bein

- Winkle dein oberes Bein an und stelle den Fuß wahlweise hinter oder vor dem unteren Bein ab. So ergibt sich eine stabile, auf der Seite liegende Haltung, in der du dein unteres Bein leicht anheben kannst.
- Strecke dieses kraftvoll in die Länge, hebe es etwa eine Handbreit vom Boden ab und rotiere es aus dem Hüftgelenk heraus abwechselnd nach innen und außen. Strecke das untere Bein konstant in die Länge.
- Wenn sich auch hier eine angenehme Ermüdung an der Innenseite des Oberschenkels beziehungsweise im Hüftgelenk einstellt, wechsle in die Seitenlage auf der anderen Körperseite. Wiederhole die Beinrotationen mit dem oberen und dem unteren Bein.
Effekt:
Du spürst bei dieser Übung die Aktivierung an der Innenseite des Hüftgelenks. Dieser Anteil der gegenläufigen Helix ist oft der am wenigsten gespannte Bereich. Daher ist diese Übung in der Yogatherapie für eine gesunde Hüfte besonders wichtig.
Übung 3: Beinrotation in Bauchlage

- Begib dich in die Bauchlage, die Fußrücken liegen auf dem Boden. Hebe dein linkes Bein leicht vom Boden ab und schiebe es maximal in die Länge. Rotiere dann das ganze Bein aus dem Hüftgelenk heraus, abwechselnd nach innen und nach außen. Achte darauf, das rotierende Bein konstant zu strecken.
- Rotiere, bis du eine Ermüdung an der Rückseite deines Hüftgelenks spürst. Dann wiederhole diese Übung mit dem anderen Bein.
Effekt:
Die gegenläufig helikalen Faszienzüge an der Rückseite des Hüftgelenks vervollständigen den harmonischen Schwebezustand des Oberschenkelkopfs in seiner Pfanne. Mit dieser Übungsfolge hast du die Faszienzüge rund um dein Hüftgelenk in einen ausgewogenen Spannungszustand gebracht. Bei regelmäßigem Üben halten die Faszien deinen Oberschenkelkopf aus jedem Belastungswinkel in seinem gesunden, gelenkschonenden Schwebezustand mittig in der Gelenkpfanne.
Hüftprobleme durch Yoga: Interview mit Dr. Christoph Dade
Hüftoperationen gehören zu den gängigsten Operationen in Deutschland. Wie besonders das Thema „Hüfte“ ist, hast du vielleicht auch in einer Yogastunde beobachten können. Denn während die einen Yogaschüler:innen – vielleicht auch du – Hüft-Asanas lieben, können die anderen nicht schnell genug wieder aus ihnen herauskommen.
Warum manchen Menschen Hüft-Asanas leichtfallen, während andere stets aufs Neue mit ihnen kämpfen, warum deine Hüfte schmerzen kann und worauf du bei Hüftproblemen in der Yogastunde achten solltest, erfährst du heute hier.
Wir haben dazu mit Dr. Christoph Dade gesprochen, Mediziner und langjähriger Yogalehrer mit Fokus auf genauer Ausrichtung und therapeutischem Yoga.
1. Kannst du uns einen kurzen Überblick über die Anatomie der Hüfte geben?
Dr. Christoph Dade: Aus meiner Erfahrung haben Yogalehrer:innen und die meisten Yogaschüler:innen ein unklares Bild vom komplexen und individuellen Aufbau der Hüfte. Das Hüftgelenk ist ein sehr bewegliches Kugelgelenk und besteht aus der Hüftgelenkspfanne (gebildet vom Beckenknochen) und dem Hüftgelenkskopf (gebildet vom Oberschenkelknochen). Damit das Gelenk zusammengehalten werden kann, sorgt ein System von Sehnen und Muskeln für eine aktive Stabilisierung, während Kapseln und Bänder für eine passive Stabilisierung sorgen.
Jeder Mensch verfügt über individuelle Bewegungsspielräume in seinen oder ihren Gelenken. Deshalb sind einige Asanas für einige leicht und für andere nie erreichbar. Die eigenen Grenzen der Beweglichkeit sollten immer deine Yoga-Praxis bestimmen. Entscheidend zur Beurteilung von Yoga-Übungen sind zwei einfache Analyse-Prinzipien:
- Wo liegt das skeletale Segment der Bewegungseinschränkung?
- Handelt es sich um „Spannung“ oder „Kompression“?
Spürst du etwa einen stechenden Schmerz, ist das ein klarer Hinweis auf „Kompression“ von Knochen auf Knochen und bedeutet das Ende der Bewegung. Spannungs- oder Dehnungsschmerz fühlt sich dumpfer und ziehender an und bedeutet Spielraum durch regelmäßiges Üben. Die variierende Anatomie der Hüftgelenke entscheidet über den Spielraum von Bewegungen. Die Hüftgelenkspfanne ist in ihrer Lage und Form immer unterschiedlich. Ist sie tiefer, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Oberschenkelhals den Rand der Hüftgelenkspfanne eher berührt und es zur schmerzhaften Kompression kommt als bei einer flachen Pfanne. Sitzt sie hingegen weiter vorn und oben am Becken, berührt der Oberschenkelhals erst spät den Rand der Pfanne und du kannst das Bein näher an den Oberkörper bringen.
Ob uns Hüftöffner leicht oder schwerfallen, kann also ganz unterschiedliche Ursachen haben. Zum Beispiel wie der anatomische knöcherne Bau der Hüfte ist, wie gedehnt und flexibel die notwendige Muskulatur und auch die Faszien sind, um nur einiges zu nennen.
2. Warum schmerzt es in der Hüfte?
Warum es in der Hüfte schmerzt, kann nicht pauschal beantwortet werden und ist auch nicht immer direkt erkennbar. Grundsätzlich gilt: Sollten Schmerzen über einen längeren Zeitraum (länger als drei Monate) anhalten oder plötzlich deutlich zunehmen, solltest du in jedem Fall eine:n Expert:in zurate ziehen. Diese:r wird dich wahrscheinlich fragen, wo genau es schmerzt und welche Qualität der Schmerz hat, denn die Ursachen können ganz unterschiedlich sein. Hier einige Beispiele für Hüftschmerzen:
- Schmerzt es eher im unteren Rücken, im Bereich der Lendenwirbelsäule? Vielleicht ist hier die Ursache in einer verkürzten Hüftbeugemuskulatur zu finden. Diese hat ihren Ursprung in der Lendenwirbelsäule und an der Vorderseite der Beckenschaufel. Gerade bei Menschen, die viel sitzen, ist diese Muskulatur häufig verkürzt. Das kann zu Schmerzen im unteren Rücken, im Kreuzbein und in den Hüftgelenken führen.
- Bemerkst du stechende Schmerzen an der Außenseite der Hüfte? In der Hüfte befinden sich zahlreiche Schleimbeutel, die dafür sorgen, dass Muskeln und Sehnen gut über den Knochen gleiten können und sich nicht abnutzen. Manchmal kann ein solcher Schleimbeutel entzündet sein. Meist ist es der Schleimbeutel im Bereich des großen Rollhügels, der sich an der Außenseite des Oberschenkelknochens befindet (kannst du spüren/ertasten). Bei einer Entzündung dieses Schleimbeutels hast du zunächst Schmerzen bei Belastungen, später ist der (stechende) Schmerz auch in Ruhe wahrnehmbar. Eine Überlastung kann die Ursache für diesen Schmerz sein.
- Ist der Schmerz im Gesäß lokalisiert und strahlt vielleicht sogar bis ins Bein aus? Hier könnte der Piriformis der „Übeltäter“ sein (Piriformis-Syndrom). Der Piriformis ist ein Muskel, der im Gesäß lokalisiert ist (Sitz unter dem M. gluteus maximus) und der, wenn er verkürzt/blockiert/verkrampft ist, auf den Ischiasnerv drücken kann, der unter ihm verläuft. Der Schmerz kann über das Gesäß bis in den hinteren Oberschenkel ausstrahlen und sogar zu Nervenstörungen führen. Nicht selten wird er mit einem Bandscheibenvorfall verwechselt.
- Sitzt der Schmerz im Hüftgelenk? Eine Ursache für Schmerzen im Hüftgelenk kann auch eine Hüftarthrose sein. Hier hat sich im Laufe der Zeit der Gelenkknorpel abgenutzt, und der Oberschenkelkopf trifft direkt auf die Hüftgelenkspfanne, was zu starken Schmerzen führen kann. Die Abnutzungserscheinung kann etwa eine Folge des Alters sein, einer dauerhaften Fehlbelastung oder einer angeborenen Fehlstellung.
Neben der Frage, wo der Schmerz sitzt, ist auch die Frage nach dem „Wie“ wichtig. So kannst du etwa deine alltäglichen Bewegungen überprüfen und prüfen, wie du gehst, stehst und welche Bewegungen du machst. Belastest du etwa ein Bein mehr als das andere, kann eine Fehlhaltung die Ursache sein. Sitzt du viel, könnte deine entsprechende Muskulatur verspannt oder verkürzt sein und Schmerzen verursachen. Fühlt sich der Schmerz heiß an, ist vielleicht eine Entzündung die Ursache.
Es kann auch vorkommen, dass der schmerzende Bereich nicht der ist, der den Schmerz verursacht. Interessant ist unter anderem der Ansatz von Michael Boyle, der sich mit seinem Functional Training einen Namen gemacht hat. Zusammen mit Gray Cook hat er den sogenannten Joint-to-Joint-Approach entwickelt. So sagt er zum Beispiel:
„Grays Analyse des Körpers ist sehr direkt und unverstellt; für ihn setzt er sich aus einer Reihe von Gelenken zusammen, die übereinander gestapelt sind. Jedes Gelenk oder jede Gelenkgruppe erfüllt eine konkrete Aufgabe und neigt zu spezifischen, prognostizierbaren Dysfunktionen.“
In Bezug auf die Hüfte bedeutet das seiner Meinung nach:
„Wirklich interessant ist die Theorie hinter den Schmerzen im unteren Rücken. Meine Theorie für die Ursache? Verlust der Hüftmobilität. Wenn das Gelenk eine Etage tiefer (bei der Lendenwirbelsäule also die Hüfte) nicht voll funktionsfähig ist, wirkt sich das anscheinend auf das darüberliegende Gelenk bzw. die Gelenke aus (Lendenwirbelsäule). Wenn sich die Hüfte also nicht bewegen kann, wird die Lendenwirbelsäule einspringen und den Dienst verrichten. Das Problem dabei ist nur, dass die Hüfte auf Mobilität und die Lendenwirbelsäule auf Stabilität ausgelegt ist. Wenn das Gelenk, das eigentlich mobil sein soll, immobil wird, ist das stabile Gelenk dazu gezwungen, sich zu bewegen, wodurch es an Stabilität verliert und zu schmerzen beginnt.“
Wie du siehst: Das Thema „Hüfte“ ist sehr komplex. Ich habe hier einige Beispiele gezeigt, anhand derer du erkennen kannst, dass die Ursachen für Schmerzen in der Hüfte ganz unterschiedlich sein können – und natürlich gibt es noch weitaus mehr mögliche Gründe (zum Beispiel können auch innere Organe Schmerzen in der Hüfte verursachen).
3. Worauf muss ich bei der Yoga-Praxis achten, wenn ich Hüftprobleme habe?
Hier möchte ich grundsätzlich antworten, denn so verschieden die Ursachen für Hüftprobleme sind, so verschieden sind auch die Bewegungen, die du machen oder eben nicht machen solltest. Grundsätzlich kannst du immer darauf achten, wo genau das skeletale Segment der Bewegungseinschränkung liegt, und überprüfen, ob es sich hier um eine Spannung handelt, die zwar unangenehm ist, aber sich verändern kann, oder ob es sich um eine Kompression handelt, also keinerlei Spielraum mehr möglich ist. Bei Letzterem ist deine individuelle Grenze erreicht.
Handelt es sich jedoch um eine Spannung, ist es möglich, mit der Zeit noch mehr Flexibilität/Spiel in dem Bereich zu erzielen. Generell ist wichtig, dass du auf deinen Körper hörst und nur in die Asanas gehst, die sich für dich richtig anfühlen. Überprüfe stets, was sich für dich gut oder komisch anfühlt oder sogar wehtut. Mach dir außerdem klar, dass nicht jede Asana für jeden Menschen gleich gut geeignet ist und sich eine Pose immer leicht und anmutig anfühlen und dein Wohlbefinden steigern sollte und nicht angestrengt und mühevoll.
Je mehr du über deinen Körper weißt, desto mehr hast du die Möglichkeit, deine Aufmerksamkeit in Bezug auf deinen Körper zu schulen und tiefer zu gehen. Mach dir bewusst, dass Yoga Selbstbeobachtung und Selbsterfahrung, Achtsamkeit und Bewusstsein ist – ein Weg also, um dich selbst kennenzulernen und die Einheit deines Körpers, Geists und der Seele herzustellen. Yoga meint nicht das körperliche Verbiegen und akrobatische Übungen.
Mit der Zeit kannst du lernen, zu sehen und zu fühlen, welchen Effekt verschiedene Asanas auf deinen Körper und deinen Geist haben. Du kannst bewusst vermeiden, über deine Grenzen zu gehen und dich so zu verletzen. Du hast vielmehr die Möglichkeit, die Fähigkeit zu entwickeln, Gelenke, Wirbel, Sehnen und Nerven bewusster zu bewegen und tiefer in subtilere innere Aspekte der Haltungen einzutauchen. Ein:e Lehrer:in kann dabei wichtig sein, um dir auf diesem Weg zu helfen und dich anzuleiten.
4. Sollte ich bei Hüftproblemen Yoga praktizieren oder eher verzichten?
Hier sage ich: Gewebe muss trainiert werden, um gesund zu bleiben. Aber Gewebe muss auch ruhen, um wieder zu regenerieren. Beides ist also wichtig. Und zwar in einem ausgeglichenen Verhältnis, denn ein Zuviel an Training bedeutet Verletzungen, während ein Zuwenig an Training Degeneration bedeutet.
Häufig vermeiden etwa Menschen mit einer Hüftarthrose Bewegung, da sie Angst haben, ihre Gelenke zusätzlich zu belasten. Die Annahme ist allerdings nicht richtig. Im Gegenteil: Bewegung ist gerade wichtig für sie, denn sie wirkt sich zum einen positiv auf den Stoffwechsel im Gewebe und so auf den Gelenkknorpel aus. Zum anderen kräftigt die Bewegung die Muskulatur, die für mehr Stabilität und Entlastung in den Gelenken sorgt. Da Yoga eine Kombination aus Dehnung und Kräftigung ist und gleichzeitig unsere Körperwahrnehmung schult, ist eine regelmäßige Praxis zu empfehlen. Handelt es sich allerdings um ein akutes Entzündungsgeschehen oder ein Trauma aufgrund eines Unfalls oder Ähnlichem, sind Ruhe und Regeneration angesagt. Deshalb solltest du bei Schmerzen in der Hüfte in jedem Fall ärztlichen Rat einholen, um die Ursachen abzuklären und zu erfahren, ob und welche Bewegungen für dich geeignet sind.
Wir danken Dr. Christoph Dade für dieses Interview!
Dr. Christoph Dade ist Experte für den Bereich „Yoga und Anatomie“. Wenn du Interesse an einer individuellen Yogastunde bei ihm hast oder an einem seiner geplanten Anatomie-Workshops teilnehmen möchtest, kannst du ihn per E-Mail kontaktieren.Hier kannst du dich weiter zum Thema Hüftprobleme informieren:
- Uniklinikum Dresden: Das Hüftgelenk
- Vivira: Hüftschmerzen
- Gelenk-Klinik: Hüftschmerzen und Leistenschmerzen richtig verstehen
Achtung: Aufgeführte Tipps ersetzen nicht die Diagnose und Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin, sondern können als mögliche Ergänzung betrachtet werden.






