Ashtavakrasana – Eight Angle Pose

Von Dana Pukowski

Ashtavakrasana (engl. „Eight Angle Pose”) (auch Astavakrasana) bringt meine Yogaklasse immer aus der Fassung. Demonstriere ich die Acht-Winkel-Haltung, begegnen mir ausnahmslos Augenrollen und Kopfschütteln. Wenn die Schüler:innen es aber wagen, bemerken sie, dass Astavakrasana viel einfacher ist, als sie aussieht. Dass kein Hexenwerk nötig ist, sondern Mut der Schlüssel zum Gleichgewicht in dieser Asana ist. 

Ashtavakra und die acht Krümmungen

Ashta (= acht) und vakra (= gekrümmt) lässt sich aus dem Sanskrit übersetzen als „an acht Stellen gekrümmt”. Sie ist dem Weisen von Ashtavakra gewidmet. Er wurde mit acht Missbildungen geboren. Seine körperlichen Einschränkungen hinderten ihn aber keineswegs an seiner spirituellen Entwicklung: Ashtavakra gilt als Autor der Ashtavakra Gita, einem Klassiker der indischen Philosophie.

Verglichen mit der bekannteren Bhagavad Gita ist die Ashtavakra Gita kompromissloser. Die Welt ist hier keine Bühne für unser Wachstum, sondern eine Illusion. Die Acht-Winkel-Pose ehrt Ashtavakras Kompromisslosigkeit, seinen Wagemut, seine Klarheit. Und lehrt uns: Ohne die Befreiung von Illusionen, ohne den mutigen Sprung ins Ungewisse gibt es kein Leben. Wenn du also Lust hast, deine Komfortzone und limitierende Überzeugungen hinter dir zu lassen, dann ist die Acht-Winkel-Haltung deine Asana. 

Wie du Ashtavakrasana richtig ausführst

  1. Beginne im Sitzen. Winkle und hebe das rechte Bein an, lege die Kniekehle so weit wie möglich oben auf den rechten Arm ab. 
  2. Fixiere dein rechtes Bein am rechten Oberarm, indem du beide zusammendrückst. 
  3. Baue jetzt dein Fundament, indem du deine Hände flach auf den Boden platzierst. Spreize die Finger so weit wie möglich. Öffne deine Arme weiter als schulterweit.
  4. Flexe deinen rechten Fuß und schiebe über den Fußballen nach vorne.
  5. Kreuze jetzt den linken Fuß über den rechten Fuß. Der rechte Fuß flext und fixiert.
  6. Presse deine Hände gleichmäßig in die Matte, squeeze deine Ellenbogen zum Körper und lehne dich nach vorne, bis du deine Hüfte heben kannst.
  7. Alles zieht zur Mitte. Hebe dein Herz und deinen Kopf, finde dein Gleichgewicht.
  8. Squeeze deine Beine zusammen und schiebe über die Fersen nach vorne, um deine Beine zu strecken.
  9. Stell dir vor, dass deine Schultern parallel zum Boden sind.
  10. Bleibe hier einige Atemzüge, bevor du die Seite wechselst. 

Unser Tipp: Konzentriere dich voll auf dein Tun, um dein Gedankengefängnis zu verlassen. Komm über die Kraft und Intensität ins Erleben und sprenge deine geistigen Grenzen. 


In unserem ausführlichen Astavakrasana-Tutorial führt dich Yogalehrerin Lucie Beyer durch vorbereitende Übungen und anschließend Schritt für Schritt in die Acht-Winkel-Haltung hinein: 


Wenn diese Anleitung für dich nicht funktioniert, kannst du es alternativ so versuchen:

  1. Beginne in Dandasana, um dich zu erden. Die Seiten deiner Taille sind lang.
  2. Winkle deine Beine an, kreuze den rechten über den linken Fuß und squeeze deine Füße zusammen.
  3. Twiste dich mit deiner Ausatmung nach links und fädel deinen Arm zwischen deinen Oberschenkeln durch.
  4. Setze deine Hände als solide Basis schulterweit auf. 
  5. Wichtig: Die äußere (hier linke) Hand ist dabei vor deinem Gesäß.
  6. Aktiviere deinen gesamten Körper, alles zieht zur Mitte.
  7. Presse in deine Hände, verlagere das Gewicht nach vorne und denk dir Chaturanga.
  8. Dein Gesäß schiebt nach hinten, dein Herz hebt, deine Ellbogen squeezen zum Körper. 
  9. Bleibe hier einige Atemzüge, bevor du die Seite wechselst. 
  10. Feiere dich selbst für deinen Mut!

Ashtavakrasana: Die wichtigsten Ausrichtungsanweisungen

Für die Acht-Winkel-Haltung brauchst du kein Diplom. Es genügt dein Forschergeist für eine einzigartige Expedition durch deinen Körper. Damit du dich aber optimal in der Acht-Winkel-Haltung ausrichten und so Verletzungen vermeiden kannst, fassen wir hier nochmal die wichtigsten Cues zusammen:

  • Schieb über deine Fersen nach vorne, um deine Beine zu strecken.
  • Squeeze deine Beine zusammen, um dich zu stabilisieren.
  • Ziehe die Seiten deiner Taille zusammen und aktiviere jeden einzelnen Muskel in deinem Körper, um deinen Körper zu liften. 
  • Ziehe deine Schulterblätter nach hinten und unten, hebe deine Oberarmköpfe, hebe deinen Blick, schiebe dein Brustbein nach vorne.
  • Magnetisiere deine Ellenbogen: Stelle dir vor, dass sie leicht zueinander gezogen werden, um sie zu stabilisieren.
  • Lächle und entspanne den Bereich zwischen deinen Augen. Ziehe deine Mundwinkel zu den Ohren und lass die Anspannung gehen, die du nicht für deine Stabilität brauchst. Weniger wollen, dafür mit Freude üben. 

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Acht-Winkel-Haltung: Typische Probleme

Jede Asana hat ihre Pain Points. Was in der Eight Angle Pose klassischerweise schiefgehen kann:

  • Dein Fundament ist instabil: Das Gewicht in deinen Händen ist nicht gleichmäßig verteilt. 
  • Deine Ellbogen fallen zur Seite und machen die Haltung instabil. 
  • Dir fehlt Körperspannung, um dich gegen die Schwerkraft anzuheben.
  • Du streckst die Beine nicht – dadurch fehlt dir der Hebel, dein Becken anzuheben.
  • Du bleibst mit dem Kopf über dem restlichen Körper – dann wird es schwer sein, das Becken in die Luft zu bekommen. 
  • Dein Mantra ist „Ich kann nicht” oder du bist im Brechstangen-Modus „Ich will alles sofort”. Beides limitiert deine Möglichkeiten zu wachsen. 

Die Wirkung von Ashtavakrasana

Armbalancen sind ziemlich cool. Was wie Akrobatik im Zirkus wirkt, hat eine ganz eigene Wirkung – die süchtig machen kann. Armbalancen, auch Astavakrasana, fördern dein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Hast du erst einmal die Erfahrung gemacht, dass du mühelos auf deinen Armen stehen kannst, stärkt das dein Vertrauen in deinen Körper und in dich selbst.

In der Yogaphilosophie heißt es, geistige Ruhe kommt aus beharrlichem Üben und Gleichmut. Alles hängt zusammen – unser Körper macht etwas mit unserem Geist und umgekehrt. Wenn du diszipliniert übst und dran bleibst, wird sich die Veränderung einstellen. Ganz ohne Magie oder Brechstange. 

Physische Wirkungen

  • stärkt deinen Rücken, deine Arme und Handgelenksstrecker (Extensoren)
  • dehnt die Rückseite deines Oberkörpers und deiner Beine
  • durch das intensive Training deiner tiefen Bauch- und Rückenmuskulatur verbessert sich deine Körperhaltung 
  • stärkt dein Körperbewusstsein durch deine unumgängliche geistige Präsenz das Körpergewicht auszutarieren, dich im
  • raum zu orientieren und dich in Mikrobewegungen zu spüren
  • kräftigt deine Oberschenkel, deine Körpermitte und deine Brust
  • mobilisiert die Wirbelsäule durch eine intensive Rotation Bauchnabel aufwärts
  • dehnt deine Handgelenksbeuger (Flexoren) 

Psychische Wirkungen

  • fördert dein Gefühl für Selbstwirksamkeit, weil Ashtavakrasana zunächst unmöglich wirkt und dich mit
  • erfolgserlebnissen und Vertrauen in deinen eigenen Körper stärkt
  • stärkt deine Verbindung zu deiner Körpermitte (Core), weil nur eine stabile Mitte dich in dieser Haltung trägt
  • fördert dein Selbstvertrauen, weil du erfährst dass selbst schwierige Dinge machbar sind und Grenzen verschiebbar sind
  • bekämpft Müdigkeit und schenkt dir einen Energie-Boost; auch weil Armbalancen immer ein bisschen aufregend sind (dein Körper schüttet Adrenalin und Glückshormone aus ;)
  • fördert deine Konzentration und Präsenz, weil nur wenn du geistig präsent bleibst die Haltung gelingen kann

Energetische Wirkungen

Kontraindikationen: Wann ist Vorsicht geboten?

Die Acht-Winkel-Stellung ist herausfordernd, nicht nur für Anfänger:innen. Achtung: Dein gesamtes Körpergewicht lastet auf deinen Händen und Schultern. Wenn du unsicher bist, ob die Übung für dich geeignet ist, frag bitte vorher eine ärztliche Fachkraft. In diesen Fällen solltest du diese Asana vermeiden:

  • bei Schmerzen/Verletzungen in den Handgelenken oder Schultern
  • bei akuten Bandscheibenvorfällen und/oder Rückenleiden
  • bei Arthritis in den Händen, Armen oder Schultern 
  • bei Verletzungen oder Beschwerden in der Hüfte
  • bei Schwangerschaften, besonders im ersten Trimester 

Variationen für Ashtavakrasana

Was wäre Yoga, wenn nicht auch die Eight Angle Pose in verschiedenen Tiefen und Variationen modifizierbar wäre. Mein Tipp: Nutze für den Anfang zwei Blöcke auf der niedrigsten Stufe für deine Hände, um mehr Platz zu schaffen. Jetzt brechen wir Ashtavakrasana für dich herunter. Viel Spaß beim Üben!

Acht-Winkel-Haltung mit Blöcken (Stufe für Stufe)

Lernstufe 1: Fühlen und vom Boden wegdrücken

  • Sitz ganz bequem und zieh das rechte Bein an dich ran. 
  • Greife dein rechtes Bein und strecke es in den Raum nach oben. Bleibe hier für einige Atemzüge. Spüre die Dehnung auf deiner Beinrückseite und in deinem Gesäß.
  • Jetzt bringe dein Bein nach oben über deinen Oberarm. Der Oberarm muss mit seiner Außenseite an der Innenseite deines Oberschenkels sein. Beuge das Bein und presse das Bein gegen den Oberarm. 
  • Erde deine Hände mit gespreizten Fingern (weiter als schulterweit) auf dem Boden oder auf zwei Blöcken.
  • Spiele jetzt mit deinem Schwerpunkt. Lehne dich leicht nach vorne, strecke deine Arme und hebe dein Gesäß nach oben. Halte das für einen Moment. 
  • Aktiviere deine Körpermitte, wenn du aus den Schultern in den Boden schiebst. Push den Boden mit Schmackes weg und lifte dein Gesäß vom Boden. Yay, du schwebst!

Lernstufe 2: Abheben ist die halbe Miete

  • Jetzt setze das linke Bein auf dem rechten Bein ab. Flex den rechten Fuß und ziehe damit das linke Bein heran. So bleibt es leichter oben. Die Beine bleiben gebeugt.
  • Gib den Schwerpunkt nach vorne, aktiviere deinen Beckenboden und schiebe dich aus den Schultern raus.
  • Hurra, der ganze Körper schwebt. 

Wenn du das gemeistert hast, klopfe dir wohlwollend auf die Schulter. Jetzt erst kommt es auf Beweglichkeit und Kraft an. Weiter geht’s!

Stufe 3: Flexibilität ist der Schlüssel

  • Starte wie in Stufe 1, folge den Anweisungen in Stufe 2 und strecke jetzt die Beine. 
  • Halte das für wenige Atemzüge, wiederhole die Übung.

Das Strecken der Beine kostet dich ein wenig mehr Kraft. Beinstrecker, Hüftbeuger und Körpermitte müssen arbeiten. Die letzte Stufe erfordert Kraft in den Schultern und Armen. Das ist nur kraftvoller und herausfordernder, aber eigentlich bist du schon am Ziel. 

Stufe 4: Mit Power in Ashtavakrasana schweben

  • Starte wie gewohnt in Stufe 1, folge Stufe 2 und 3. Jetzt beuge deine Arme. Denk dir Chaturanga und schiebe dein Gesäß zurück.
  • Hebe dein Herz und deinen Blick, magnetisiere deine Ellbogen zueinander. 
  • Presse deine Beine zusammen, schiebe über die Fußsohlen in den Raum. Alles zieht zur Mitte.
  • Balanciere dein Gleichgewicht über das Shiften deiner Fingerkuppen aus. 

Voilá, du bist angekommen. Nur fliegen ist noch schöner. 

Seitliche Krähe (Parshva Bakasana)

Die seitliche Krähe ist als Armbalance der Haltung des Weisen Ashtavakra sehr ähnlich. In der einfachen Variante, in der die Hüfte und die Knie auf den Oberarmen aufgelegt sind, ist sie eine wunderbare Vorbereitung. Parshva Bakasana ist ideal, um deine Armkraft zu stärken. 

Kristin Rübesamen zeigt dir in unserem Tutorial den Aufbau der seitlichen Krähe:

Vorbereitende Übungen für die Acht-Winkel-Haltung

Nur wenige Körper lieben einen Kaltstart. Abgesehen von einem allgemeinen Warm-up mit Sonnengrüßen, empfehle ich folgende Vorbereitungen für Ashtavakrasana:

  • Warm-Up deiner Handgelenke im Vierfüßlerstand (sanfte Kreise und Gewichtsverlagerung)
  • Stabile Basis für deine Hände üben: Hände aktiv spreizen und alle vier Hauptdruckpunkte in die Matte drücken (Grundgelenke Zeigefinger und kleiner Finger, Daumenballen und Handaußenkante)
  • Chaturanga Dandasana, das Halbe Brett, ist das perfekte Training für deine Arme und Handgelenke sowie zum Aufbau von Tiefenmuskulatur
  • (Ardha) Matsyendrasana, der Drehsitz, oder Parivrtta Utkatasana, der gedrehte Stuhl („Prayer’s Twist”), aktivieren deine seitliche Bauchmuskulatur und bereiten dich für die Drehung vor
  • Nadelöhr in Rückenlage für mehr Flexibilität in deiner Hüfte (Dehnung der Gesäßmuskulatur und des Piriformis)
  • Navasana, das Boot, mit gestreckten Beinen und optional als „Russian Twist”, um deine Körpermitte zu stärken
  • L-Lifts (Dandasana, Stockhaltung auf Händen schwebend): Beine abwechselnd heben und Gesäß liften, um deinen Hüftbeuger zu aktivieren und ein Gefühl für das Anheben deines Körpergewichts zu bekommen (optional 2 Blöcke unter deinen Händen)
  • Baby Cradle Pose, die Babywiege: Im Liegen und/oder im Schneidersitz (Sukhasana), um deine Hüfte zu mobilisieren und deine Beinrückseiten zu öffnen
  • Tolasana, die Waage, um deine Balance zu trainieren 

Wichtiger noch als diese Asanas ist die nötige Zentrierung vor deiner Praxis, eine Meditation zum Ankommen und Erden. Nimm dir Zeit, dich mit deiner Intention zu verbinden. Erinnere dich an den Grund, warum du auf deine Matte gefunden hast. Gib deiner Praxis einen Sinn und öffne dich für deine Praxis. Sei bereit für Veränderung, ohne viel zu wollen, und versetz dich selbst ins Staunen. Viel Freude auf deiner Yogamatte! 

Dana Pukowski
Dana Pukowski

Dana Pukowski ist Yogalehrerin, Weltenbummlerin, Projektmanagerin und war 6 Jahre Teil der YogaEasy Familie. Sie unterrichtet Meditation, Vinyasa und Yin Yoga seit mehr als 7 Jahren in Hamburg. Als Unternehmensberaterin fand sie im Yoga das wieder, was sie heute in ihren Yogastunden und Retreats teilt, den Mut zur Pause, das Nichtstun als kreative unerschöpfliche Quelle für Inspiration und Visionen. Dana bummelt um die Welt, liebt Herausforderungen als Projektmanagerin und bereichert unser YogaMag auch heute noch mit ihren yogischen Wortzaubereien.