Raus aus der Yoga-Blase: Yoga gegen rechts

Von Kristin Rübesamen

Yogis beanspruchen für sich einen gewissen Abstand zur Realität, zur eigenen sowie zur gesellschaftlichen und politischen. Das ist sogar unser Markenzeichen. Wir werfen uns nicht mit in den Strudel politischen Gerangels, posaunen keine Botschaften heraus, machen uns nicht gemein mit der Masse. Natürlich macht uns die politische Entwicklung Sorgen, aber die vielen Reibereien und Aggressionen, die politisches Engagement mit sich bringen, schrecken uns ab, dazu der saure Weißwein und die ungesunden Häppchen... Demonstrieren? Höchstens für den Tierschutz. Und wenn das Wetter mitspielt.

Acai-Beeren statt Ahimsa

Der Rechtsruck, der Erfolg der AfD im Osten, die Zunahme an rassistischen Übergriffen, all das wäre Anlass, sich an einem der wichtigsten Gebote im Yoga zu orientieren und dafür zu kämpfen: Ahimsa, Gewaltlosigkeit. Und viele Menschen tun das auch. Aber viel zu wenige. Und viel zu wenige Yogis. Weil wir viel zu viel mit uns beschäftigt sind? Acai-Beeren statt Ahimsa?


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Die meisten Yogis reagieren auf die gespannte politische Lage gar nicht, wie auch die meisten Menschen, die Inline Skating lieben oder Klettern. Nachrichten sind meistens schlecht. Viele Yogis lesen gar keine Zeitung und rechtfertigen das damit, sich sonst zu sehr aufzuregen. Aufregung ist nicht Yoga. Yoga ist innerer Frieden. Aber was, wenn die Welt nicht friedlich ist?

Yoga ist Integration

Es gibt eine Menge Menschen, mit denen man nicht verbunden sein will, wenn man ehrlich ist. Es gibt auch eine Menge strenger Moralisten, mit denen man sich etwas schwer tut, wenn man ehrlich ist. Dabei geht es im Yoga genau darum, Körper und Geist zusammenzubringen und sich mit der Welt zu verbinden. Yoga ist Integration. Also, tun wir etwas dafür. Wählen wir wie im Buddhismus den mittleren Weg. Finden wir den Frieden in uns und tun etwas für unseren Planeten und den Frieden in der Welt. Keinen Smoothie mit Acai-Beeren aus Brasilien, keine Yogaferien auf Bali, kein Wegschauen in der U-Bahn, wenn sogenannte Minderheiten angepöbelt werden, kein Weghören, wenn Bekannte einen vermeintlichen Witz machen, der andere Menschen diskriminiert.

Yoga ohne Ethik könnte ich nicht ertragen, aber genauso wenig Yoga, das nur aus Verboten und Geboten besteht. Der Abstand, die Stille, das Zurückziehen der Sinne kommt an erster Stelle. Aber gleich an zweiter Stelle, wo jetzt Duftkerzen und bunte Yogapants stehen, sollte das kommen, wofür wir einstehen sollten: Der Kampf für Frieden und Freiheit für alle.

Oder: Lokah samastah sukhino bhavantu.

Kristin Rübesamen
Kristin Rübesamen

Kristin Rübesamen ist zertifizierte Jivamukti- und Om-Yoga-Lehrerin. Sie hat über ein Jahrzehnt in New York und London gelebt und ihre Ausbildungen noch bei Sharon Gannon und David Life (Jivamukti) und Cyndi Lee (Om Yoga) persönlich gemacht. Als Yoga-Aktivistin, Chefredakteurin von YogaEasy und Yogalehrerin unterrichtet sie seit fast 20 Jahren einen sehr konzentrierten, gleichwohl herausfordernden Stil. Sie ist Autorin von „Alle sind erleuchtet” und „Das Yoga-ABC” .

Angelika13.09.2019
Liebe Kristin, ich danke dir für diesen Beitrag zu engagiertem Eintreten für Frieden und Freiheit für alle. Es tut gut, auch mal solche klaren Worte zu lesen und Yoga auch unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten und auszuüben. Wir sind Teil der Welt-Gemeinschaft und können mithilfe des Yoga zu mehr Nächstenliebe und Respekt vor allen anderen Wesen und der Natur anregen. Uns selbst - und alle, die wir auf dem Yoga-Weg erreichen. Angelika 13.09.2019
Ivonne10.09.2019
Richtig so. Danke. Ich kann nicht Yoga machen und inneren Frieden finden (wollen) und gleichzeitig beteiligt sein, und sei es nur passiv, an Ausgrenzung und Verachtung anderer Menschen und der Zerstörung der Umwelt. Für mich ist das nicht vereinbar.
YogaEasy.de09.09.2019
Liebe Karin, Simi, Annette, danke für euer Feedback. Ja, achtsame Politik, ein klarer Blick, klar gegen Ausgrenzung und Rassismus, und genau hinhören, das ist wirklich das, was Yoga besteuern kann. Ich danke euch!
Karin08.09.2019
Vielen Dank, Kristin, dafür dass du immer wieder auch politisch so klar Position beziehst! Wer Yoga im Sinne Patanjalis nicht nur auf der Matte praktiziert, kann eigentlich gar nicht anders... Mich hast du da voll auf deiner Seite!
Simi05.09.2019
Danke für den Artikel. Im Yogasutra kommen die Yamas, die Vorgaben für das Verhalten unserer Umgebung noch vor den Niyamas, den Vorgaben für das Verhalten uns selbst gegenüber. Gerade Yoga hilft doch, eine klare Haltung und Meinung zu vertreten, ohne uns von Emotionen wegschwemmen zu lassen. Yoga und achtsame Politik, was für ein Segen wäre das.
Annette31.08.2019
Seine Freunde lieben kann jeder, selbst der Schwerverbrecher oder Mörder. Zu lieben, im Gespräch zu bleiben ohne zu verurteilen, zu versuchen auch völlig konträre Meinungen stehen zu lassen und versuchen über das eigene Weltbild hinaus zu blicken und Beweggründe anderer nachzuvollziehen ist schon deutlich schwieriger. Nicht alle Menschen die politisch der AFD nahe stehen sind Rassisten. Wo bleibt das demokratische Bewusstsein, wenn Menschen ausgegrenzt werden sobald sie politisch nicht mit der eigenen (im Moment Mainstream)Meinung konform sind? Wahrnehmen, beobachten ohne zu bewerten und zu urteilen ist eine Kunst. Eines ist alles, und alles ist eins. Sich immer gegen das Böse zu stellen ist wichtig, aber das Böse wirklich zu erkennen ist manchmal nicht so einfach wie es augenscheinlich scheint.