
Good Bye Yoga-Butt: So vermeidest du Schmerzen in den Hamstrings
Was ist der Yoga-Butt?
Entzünden sich die Sehnenansätze der Beinrückseiten, sprechen wir in der Yoga-Welt von einer „Hamstring-Tendinopathie“ – oder eben einem „Yoga-Butt“. Die Tatsache, dass dieses Phänomen sich einen umgangssprachlichen Namen erarbeitet hat, zeigt schon, dass sie nicht selten ist.
Der „Yoga-Butt“ ist keine reine Yoga-Verletzung, auch Athlet:innen wie Läufer:innen oder Tänzer:innen können ein Lied davon singen. Während Fußballer sich ihre Überlastung im High-Speed-Modus einfangen, kultivieren wir Yogi:nis sie achtsam – Pose für Pose. Wir arbeiten fast schon diszipliniert auf eine Entzündung der Sehnenansätze unserer Oberschenkelrückseiten hin...
„Der Körper braucht gesunde Belastungen. Das, was uns zusetzt, sind die unfunktionellen Bewegungen. Besonders wenn sie stetig wiederholt werden. Und so ist es auch mit den Hamstrings.”
Physiotherapeutin Lilla Wuttich
Anatomisch gesehen sind unsere Beinrückseiten eine zweigelenkige Muskelkette. Alle drei Muskeln, der Schenkelbeuger (Biceps femoris), der Halbsehnenmuskel (Semitendinosus) und der Plattsehnenmuskel (Semimembranosus) überspringen das Becken und das Kniegelenk. Ihre Funktion ist es, das Kniegelenk zu beugen und die Hüfte zu strecken. Sie alle entspringen an den Sitzbeinhöckern, unserem Allerwertesten.

Und genau da kommt es zur Überlastung der Sehnen unserer ischiocruralen Muskulatur und einem stechenden Schmerz (proximale Hamstring-Tendinopathie). In den meisten Fällen ist die Überlastung entzündlich und wir sprechen von einer Insertionstendopathie. Das heißt, genau dort, wo die drei Muskeln der Oberschenkelrückseite als Sehnen zum Knochen überlaufen, ist die Sehne überlastet und entzündet. Jede Vorbeuge wird zur Tortur, und schon das reine Sitzen ist kein Vergnügen mehr.
„Ganz in der Nähe des Ansatzes der Hamstrings verläuft der Ischiasnerv. Wenn wir uns nach vorne beugen, wird der Ischiasnerv gedehnt. Wenn er aber im Bereich der Wirbelsäule komprimiert wird, ist er eingeschränkt dehn- und gleitfähig und signalisiert Schmerz, z.B. im Bereich der Sitzbeinknochen, wo die Dehnung der Nerven am größten ist. Zusätzlich werden die Hamstrings nicht mehr vom Nerv versorgt. Der Muskel zieht sich unbewusst zusammen und ist dadurch zu angespannt. Wenn ich jetzt immer wieder in Vorbeugen gehe, dann wird sich der Sehnenansatz auch entzünden. Das erklärt auch, warum der Yoga-Butt sich durch Dehnen meist verschlechtert.”
Physiotherapeutin Lilla Wuttich
Top 5 Faktoren, die eine Hamstring-Tendinopathie im Yoga begünstigen
Ständiges Dehnen, ohne die Gegenspieler-Muskeln zu kräftigen (dazu unten mehr) oder die Ausführung zu hinterfragen, kann langfristig zu Überlastungen führen – besonders bei den Hamstrings. Wir haben für dich die fünf Hauptverdächtigen für eine Hamstring-Tendinopathie im Yoga zusammengefasst.
1. Ständiges Vorbeugen mit gestreckten Beinen (z. B. Uttanasana, Pashimottanasana)
Traditionell wird in der Ausrichtung von B. K. S. Iyengar gelehrt, dass z. B. in Uttanasana deine Beine durch das Hochziehen der Kniescheiben und Aktivieren des Quadrizeps gestreckt werden und das Becken nach vorn gekippt wird, um die Oberschenkelmuskulatur zu dehnen. Grundsätzlich ist es nicht falsch, die Beine zu strecken. Je nach Körperkonstitution, Haltung und Funktion der Asana können aber Varianten mit leicht gebeugten Beinen das Risiko einer Hamstring-Tendinopathie mindern. Durch das Beugen wird der Quadrizeps noch effektiver angeschaltet, also die Gegenspieler-Muskulatur aktiviert.
2. Hebeln in Dehnungen (z.B. Padangusthasana, Hanumanasana)
Wenn in Asanas Schwerkraft und Körpergewicht Hand in Hand arbeiten, wir zusätzlich mit Armkraft hebeln und keine muskuläre Stabilität haben, erhöht das die Wahrscheinlichkeit einer Überlastung. Das reine Hebeln ist grundsätzlich kein Problem, solange es denn eine von der Atmung unterstützte, achtsame Handlung ist, zum Schutz gegen Überlastung alle Gegenspieler kontrahiert sind und du auf deine Grenzen achtest.
3. Keine Kontraktion der Gegenspieler
Spannst du in Uttanasana den Gegenspieler (hier: Quadrizeps) an, reduziert sich automatisch die Spannung der Muskulatur in der Beinrückseite. Der Grundtonus des Muskels reduziert sich und du kannst stabil und koordiniert an deiner Beweglichkeit arbeiten. Dieses Zusammenspiel der Muskeln nennt man das Gegenspielerprinzip. Leider vergessen wir gerade in dynamischen Yogaklassen häufig dieses wichtige Prinzip der Bewegungslehre.
4. Keine Kräftigung der Hamstrings
Jedes Gewebe braucht Druck und Zug, um gesund zu bleiben. Das gilt auch für die Muskeln der Oberschenkelrückseite. In unserer Yogapraxis liegt der Fokus stark auf der Dehnung der ischiocruralen Muskulatur, während die Kräftigung eine stiefmütterliche Rolle spielt. Es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Vorder- und Rückseite der Oberschenkel. Diese Dysbalance kann ein höheres Risiko für Reizungen sein. Denn ein Muskel, der immer nur gedehnt, aber nie gestärkt wird, ist weniger belastbar und schnell reizbar.
5. Zusätzliche Belastungen im Alltag
Und wenn wir dann noch im Alltag viel joggen, wandern, Fahrrad fahren ohne Mobilisations- und Ausgleichsübungen, dann ist unsere Hamstring-Beanspruchung im Minusbereich und begünstigt das Verletzungsrisiko. Mein Tipp: Höre auf das Feedback deines Körpers! Wenn du ein Kreischen in deinen Kniekehlen, im Gesäß oder im unteren Rücken spürst, dann ist das ein Zeichen, dass du die Dehnung reduzieren darfst. Für alle, die schon länger praktizieren: Arbeite an einer gleichmäßig verteilten, moderaten Dehnung der gesamten Beinrückseiten.
Uns Yogalehrenden ist wichtig, immer wieder den Blick für eingespielte Bewegungsmuster zu öffnen. Auch wenn es noch keine Überlastung gibt, kann es sinnvoll sein, den Blick auf die Art und Weise, wie und mit welcher Intention du praktizierst (hier: dehnst), zu ändern. Dafür braucht es manchmal den Blick eines Dritten, um deine eingespielten Muster aufzudecken und Neues auszuprobieren.
Diese Yoga-Sequenz von Dr. Ronald Steiner widmet sich achtsam deinen Hamstrings und hält sie gesund:
Gleichmut als Schlüsselelement für gesunde Hamstrings
In dem Moment, in dem ich Vorbeugen unterrichte oder die Hamstrings in den Vordergrund der Yogapraxis rücken, werden die Egos aktiviert. Ein Kampf beginnt, wenn die Beinrückseiten sich zu Wort melden – als wären sie Türsteher unserer unbewussten Muster. Das Motto lautet plötzlich: Mehr ist mehr. Das Ego greift zum Steuer, und wir sitzen mit wehenden Haaren und glasigem Blick auf dem Beifahrersitz. Obwohl Vorbeugen eigentlich dazu dienen, uns mehr zu uns selbst zu bringen, den Blick nach innen zu lenken, offenbart sich dort nicht selten der antrainierte Leistungsdruck oder der Glaubenssatz „Kämpfen lohnt sich“.
Deswegen kann eine Entzündung der Sehnenansätze der Beinrückseiten im Yoga nicht nur ein Grund sein, deine funktionellen Bewegungsmuster zu überdenken. Sie kann auch ein Wink mit dem Zaunpfahl sein – eine Ermutigung, neue Qualitäten wie Hingabe und Gleichmut in der Yogapraxis und im Alltag zu etablieren. Es geht hier nicht um Schuld, sondern um das Bewusstsein, dass eine solche Überlastung möglicherweise offenlegt, wie gnadenlos du mit dir umgehst.
Instrumente, wie sich zu Beginn der Praxis auf die innere Haltung zu konzentrieren oder eine bestimmte Atemtechnik anzuwenden (Fokus auf die Ausatmung), können dich dabei unterstützen, das zu akzeptieren, was ist. Bist du ein Yoga-Ingenieur, setze deinen Fokus auf die Technik. Spürst du über hingebungsvolles Atmen mehr Tiefe, versuche, diesen Anker zu setzen. Sequenzen mit Wiederholungen eignen sich gut, um die eigenen Konditionierungen in alle Richtungen zu bemerken.
„Yogalehrer:innen benötigen fundierte Kenntnisse der funktionellen Anatomie und die Fähigkeit, dieses Wissen in einfacher Form auch an ihre Schüler zu vermitteln. Yoga beinhaltet ja nicht nur Asana, sondern auch Wissenserwerb und das Erschließen von persönlichen Ressourcen. Manchmal reicht der Hinweis nicht, nur so weit in eine Dehnung zu gehen, wie es sich gut anfühlt, oder auf übertriebenen Ehrgeiz hinzuweisen. Wir Menschen erhöhen unsere Motivation, etwas zu tun oder zu verändern, indem wir Dinge verstehen und Einsichten erwerben. Yogalehrer:innen haben da ganz klar einen ,Lehrauftrag'. ”
Anatomie-Expertin Lilla Wuttich
Warnsignale für eine Überlastung deiner Hamstrings durch Yoga
- Schmerz direkt an den Sitzbeinhöckern oder tief in der Gesäßfalte
- Schmerz bei Druck, z. B. Sitzen oder bei Bewegung
- Je kraftvoller die Bewegung, desto intensiver der Schmerz
- möglicherweise Verdickungen oder Schwellungen der Sehne
Wir Yogi:nis sind ja bekannt dafür, alles achtsam zu spüren – außer dann, wenn der Körper flüstert: Pause. Sollte dein Gesäß also gerade „Aua“ rufen, hast du eventuell alle bisherigen Alarmsignale umsichtig überhört. Statt Praxis ist jetzt Pause gefragt. Ja, ich weiß – Nichtstun ist nicht unsere Lieblingsasana. Aber in der akuten Schmerz- oder Entzündungsphase ist es die fortgeschrittenste Praxis überhaupt.
„Das Vertrauen in den Körper zurückzuerlangen, hängt meiner Meinung nach sehr stark damit zusammen, dass Betroffene verstehen, was zu dem Problem geführt hat. Aus diesem Wissen heraus kann man schrittweise erarbeiten, wie Bewegungen oder Haltungen auf der Yogamatte sowie im Alltag sinnvoll und körpergerecht ausgeführt werden sollten. Das stärkt die Selbstkompetenz und führt dazu, die Verantwortung für den eigenen Körper in die Hand zu nehmen. Für mich ist das ein essentieller Bereich der Yogatherapie.”
Physiotherapeutin und Yogalehrerin Lilla Wuttich
Isometrisches Dehnen und exzentrisches Training
Klappt das mit der Pause wunderbar, hilft dir jetzt ganz besonders isometrisches Dehnen und später exzentrisches Training. Worum geht’s?
Isometrisches Dehnen
Du spannst einen Muskel ganz bewusst an, ohne ihn dabei zu bewegen. Das ist nicht nur sicher, sondern gerade bei Sehnenproblemen kann diese Art von Übung dir helfen, akute Schmerzen zu lindern. Isometrische Kontraktionen werden im therapeutischen Kontext oft eingesetzt, um betroffene Strukturen sanft zu aktivieren und zu entlasten – ohne sie dabei zusätzlich zu reizen.
Exzentrisches Training
Beim exzentrischen Training gehst du zunächst konzentrisch in eine Muskelanspannung, d.h. du beugst den Muskel unter Belastung, etwa indem du dich achtsam in die Stuhlhaltung Utkatasana setzt. Dort hältst du sehr kurz (isometrische Phase der Übung, s.o.). Danach streckst du die aktivierten Muskeln wieder in die Ausgangslage, ganz langsam, während du die Muskelspannung aktiv hältst – das ist die exzentrische Phase.
Diese Art von Übungen hilft dir, die Belastbarkeit der Sehne gezielt zu steigern. Exzentrisches Training wird genutzt, um gereizte Strukturen nach der akuten Schmerzphase wieder aufzubauen und langfristig zu stabilisieren – und so Rückfällen vorzubeugen. Der kontrollierte Reiz regt deine Sehne an, die Faserstruktur neu zu organisieren. Das Gewebe lernt, mit funktioneller Belastung besser umzugehen.
Dein Körper passt sich immer an. Setzt du neue Reize, kann er lernen, mit Belastung bzw. der Last in Dehnungen anders umzugehen. Fehlen diese Impulse, ist er ratlos.
Yoga-Übungen zur Prävention und Heilung bei Hamstrings-Tendinopathie
Im Fitness-Hype der 80er-Jahre mit Aerobic-Queen Jane Fonda war Ästhetik statt Achtsamkeit im Trend. Yoga war weniger populär. Allerdings können wir uns einiges von den Po-Übungen aus dieser Zeit abgucken. Im Zentrum der Prävention steht nämlich die Aktivierung, d.h. funktionelle Kräftigung, der Beinrückseiten und der Gesäßmuskulatur.
„Funktionelle Kräftigung bedeutet, dass ich den Muskel im Yoga auf seinem kompletten Bewegungsweg kräftige. Ein Muskel, der auf diese Art fit gemacht wurde, ist die beste Voraussetzung dafür, dass der Körper seine Beweglichkeit freigeben kann. Es liefert dem Körper ein ,Sicherheitsgefühl', dass die erreichte Gelenkstellung abgesichert ist. Die hohe Einbindung des Nervensystems sorgt dafür, dass die Rezeptoren wach sind. Das verfeinert die Wahrnehmung und Kontrolle des Körpers und unterstützt eine freiere Beweglichkeit.”
Yogalehrerin Lilla Wuttich
Hinweis: Alle Übungen sind auch ohne Stirnband, Leggings und pinkem Body ausführbar.
1. VFS Bein-Lift (a.k.a. „Jane-Fonda-Gedächtnisübung")
Diese Übung katapultiert dich direkt in die 80ies, versprochen. Die Kräftigung des Gluteus maximus verbessert die Durchblutung am Ansatz der ischiocruralen Muskulatur. Bei Entzündungen wird der Heilungsprozess gefördert.
- Starte im Vierfüßlerstand. Schieb von den Schultern in deine Hände.
- Ziehe deinen Nabel nach innen und oben. Bleib kompakt in deiner Körpermitte.
- Strecke dein rechtes Bein und winkle es 90 Grad an. Deine Fußsohle zeigt nach oben.
- Beginne kleine Pushes mit der Fußsohle in Richtung Decke.
- Dein Rumpf bleibt stabil während der Bewegung. Beide Arme stark und stabil.
- Bleib dabei für zehn Atemzüge.
- Ziehe mit der Ausatmung Knie und Kinn zur Brust und setze das Knie ab.
- Pausiere in der Kindhaltung, bevor du die Seite wechselst.
2. Schulterbrücke mit Po-Glühen
Diese Schulterbrücke (Setu Bandha Sarvangasana) legt den Fokus auf die Kontraktion deines Gluteus maximus. Es geht also nicht darum, dich so hoch wie möglich aufzurollen, sondern bewusst deine Gesäßmuskulatur anzuspannen. Das durchwärmt deinen Allerwertesten und bereitet dich perfekt auf hamstringbetonte Sequenzen vor.
- Beginne in Rückenlage.
- Lauf deine Füße hüftweit zum Gesäß und bring deine Arme nah zum Körper.
- Schieb Oberarme und Füße in die Matte, hebe mit der Einatmung das Gesäß.
- Aktiviere am Ende der Bewegung bewusst dein Gesäß.
- Lasse dein Becken mit der Ausatmung zum Boden gleiten.
- Bleib dabei für fünf bis acht Atemwellen.
3. Heuschrecke-Variation: Nur Beine (Shalabhasana)
Die Heuschrecke (Shalabasana) ist ein „Must-Do“ für die Aktivierung der gesamten Körperrückseite. Kann sein, dass sich das sperrig anfühlt, weil unsere Beinrückseiten verkümmert sind. Mein Tipp: Statt der Kobra (Bhujangasana) öfter die Heuschrecke in den Sonnengrüßen einbauen. Dann bist du perfekt aufgewärmt und trainierst gezielt gegen die Dysbalance der Oberschenkelvorderseite und -rückseite an.
- Starte in Bauchlage.
- Strecke deine Beine – hüftweit geöffnet oder Füße und Schenkel berühren einander.
- Strecke deine Wirbelsäule und drück dein Schambein zum Boden.
- Ziehe den Bauchnabel nach innen oben und verlängere das Steißbein zu den Fersen.
- Hebe mit der Einatmung nur das rechte Bein und ziehe es gleichzeitig in die Länge.
- Mit der Ausatmung lege das Bein lang ab und wechsle die Seite.
- Mach das erst dynamisch, dann hebe statisch beide Beine für drei bis fünf Atemzüge.
- Zum Ausgleich kannst du dein Gesäß entspannt von links nach rechts ruckeln.
4. Tisch – Pull-Variante
Das sind heiße Beats für deine Beinrückseiten. Der Bein-Klimmzug hat es in sich und kräftigt ganz gezielt deine Hamstrings. Hast du keine Beschwerden, ist Ardha Purvottanasana die perfekte Prävention gegen Überlastung.
- Beginne im Langsitz und stelle dann die Füße auf Höhe der Knie auf.
- Stütze die Hände ein bis zwei Handbreit hinter deinem Gesäß auf. Fingerspitzen zum Po.
- Schieb die Fersen in den Boden und hebe die Zehen.
- Mit der Einatmung hebe dein Becken, mit der Ausatmung lass es in Richtung Boden sinken (nicht absetzen).
- Halte den Pull der Fersen in den Boden durchgehend.
- Wiederhole die Übung fünf bis zehn Mal, bis deine Beinrückseiten müde sind.
5. Lunges im High Lunge (Alasasana)
Lasst uns den Krieger I mit gehobener Ferse für unsere Zwecke updaten. Sozusagen: „Lunges im Lunge”: Ein schöner Allrounder, weil nicht nur deine Beinrückseiten gekräftigt werden, sondern auch dein Gluteus durchwärmt wird.
- Starte in Tadasana und mache einen großen Schritt mit rechts nach hinten.
- Beuge das linke (vordere) Bein. Dein Knie bleibt über deinem Knöchel.
- Hebe die hintere Ferse aktiv.
- Schiebe die Ferse des vorderen Fußes aktiv in den Boden.
- Bring die Arme ins Becken, da der Fokus auf den unteren Extremitäten liegt.
- Dynamisch: Beuge mit der Ausatmung das hintere Bein in Richtung Boden (nicht absetzen) und strecke das Bein wieder mit der Einatmung.
- Das vordere Bein bleibt stabil, während das hintere Bein arbeitet.
- Wiederhole die Übung, bis du Wärme spürst.
- Komm zurück in Tadasana und wechsle die Seite.
Mit Achtsamkeit, cleveren Anpassungen der eigenen Yogapraxis und regelmäßiger Kräftigung gehört der „Yoga-Butt“ der Vergangenheit an. Danke, Jane Fonda, für die Erinnerung, unseren Po zu kräftigen, bevor die Sehnenansätze unserer Beinrückseiten die Notbremse ziehen. Deine Hamstrings werden es dir danken – mit Stabilität, Leichtigkeit und ohne Drama bei jeder Vorbeuge.
Interview mit Lilla Wuttich: „Ökonomie in Bezug auf unseren Körper bedeutet, möglichst schonend mit ihm umzugehen”
Lilla N. Wuttich lebt in Berlin, ist Yogalehrerin, Physiotherapeutin und Dozentin für Spiraldynamik®. Lilla ist Expertin für angewandte Anatomie. In ihrer Anatomiewerkstatt bietet sie Workshops, Retreats und Ausbildungen für alle Menschen an, die sich für den Körper faszinieren. Was Max Strom für den Atem ist, ist Lilla Wuttich für die Anatomie. Im Gespräch mit ihr wollen wir wissen: Wie können wir aus anatomischer und therapeutischer Sicht gesünder praktizieren – ohne dabei in die Überlastung zu rutschen?
YogaEasy: Was sind deine Top-3-Prinzipien, um eine nachhaltige, hamstringfreundliche Yogapraxis zu gestalten?
Lilla N. Wuttich: Ich liste mal meine Lieblingstipps auf:
- Gehe mit geradem Rücken in die Vorbeugen.
- Dreh die Hüftgelenke kraftvoll in Richtung Außenrotation, aber halte dabei die Kniescheiben nach vorn gerichtet. „Sauge” die Oberschenkelknochen in das Hüftgelenk. Es ist das Spiel aus Kraft und Gegenkraft, wodurch sich die Hüftgelenke besser zentrieren und ihre Beweglichkeit entfalten.
- Achte darauf, dein Becken gut aufzurichten, insbesondere in Stellungen wie dem Dreieck (Trikonasana), allen Kriegerhaltungen (Virabhadrasana 1, 2, 3) und dem seitlichen Winkel (Parsvakonasana), um die Wirbelsäule vor einem Drehimpuls in Lordosestellung zu schützen.
- Sei in Dehnungen sanft zu deinen Körperstrukturen. Dehne mehr mit Köpfchen als mit Kraft.
YogaEasy: Welche Übung oder Bewegungsanweisung hat sich in deiner Arbeit immer wieder als besonders heilsam erwiesen – und warum?
Lilla N. Wuttich: Aus meiner therapeutischen Arbeit weiß ich, dass man den Yoga-Butt durch Wirbelmobilisation oft innerhalb kürzester Zeit beseitigen kann. Erarbeite dir eine gute, kraftvolle Rotationsfähigkeit der Brustwirbelsäule und drehe niemals im Hohlkreuz. Eine kräftige, bewegliche Brustwirbelsäule unterstützt sowohl die Lendenwirbelsäule und das Becken, als auch die Halswirbelsäule und die Schultern.
Unsere Wirbelsäule unterliegt einer Ökonomie. Ökonomie in Bezug auf den Körper bedeutet, möglichst schonend mit ihm umzugehen im Sinne einer gesunden Belastung. Das führt dazu, dass der Körper durch ihm dienende Belastungen genährt und vorzeitiger Verschleiß ausgebremst wird.
Danach kommt es darauf an, die Körperhaltung und die Ausführung der Asanas auf anatomische Korrektheit zu überprüfen und gesunde, funktionelle Bewegungs- und Haltungsmuster zu erarbeiten.
YogaEasy: Danke, liebe Lilla für den Blick auf Ursachen und Wirkungen zum „Yoga-Butt“ und deine Ausrichtungstipps!



