
Ellbogen im Yoga: Übe gelenkschonend in Armbalancen und Stützhaltungen
Das Ellbogengelenk in a Nutshell
- Das Ellbogengelenk besteht aus drei Teilgelenken, die Beugung, Streckung und Rotation des Unterarms ermöglichen und die Verbindung zwischen Schulter und Hand stabilisieren.
- Beschwerden wie der Tennisarm im Yoga entstehen häufig durch fehlerhafte Kraftübertragung und Überlastung der Unterarmmuskulatur in Haltungen wie Chaturanga Dandasana oder der Planke.
- Eine ellbogenfreundliche Ausrichtung beginnt in den Händen: Durch aktive Fingerarbeit, Außenrotation der Oberarme und stabile Schultern entsteht eine gesunde Armachse in Stützhaltungen wie dem herabschauenden Hund.
Das Ellbogengelenk wird im Yoga auf die Probe gestellt
Wir Yogi:nis stellen ja gerne die Welt auf den Kopf – besonders in Armbalancen oder Stützhaltungen. Unsere oberen Extremitäten leisten dabei Schwerstarbeit. Trotzdem schenken wir unseren Ellbogen kaum Beachtung. Wann hattest du zuletzt eine Yogastunde mit Fokus auf den Ellbogen? Eben.
Dabei ist das Ellbogengelenk eine zentrale Verbindung zwischen Schultern und Händen – und eine Stelle, an der sich Fehl- oder Überbelastungen bemerkbar machen können. Der Klassiker: der Tennisarm. Und der tut weh, auch ganz ohne Schläger.
Anatomie des Ellbogengelenks: Drei in eins
Unser Ellbogen verbindet Ober- und Unterarm miteinander – und ist komplexer, als er auf den ersten Blick scheint. Zwei Knochen im Unterarm, Elle (Ulna) und Speiche (Radius), treffen hier auf den Oberarmknochen (Humerus). Gemeinsam ermöglichen sie eine erstaunliche Bewegungsvielfalt und eine stabile Gewichtsübertragung.
Tatsächlich handelt es sich beim Ellbogen um drei Teilgelenke, die zusammenarbeiten:
- Das Oberarm-Ellen-Gelenk ist ein Scharniergelenk. Es erlaubt Beugen und Strecken des Arms – meist sogar mit einer leichten Überstreckbarkeit von zehn bis fünfzehn Grad.
- Das Oberarm-Speichen-Gelenk ist ein Kugelgelenk und sorgt dafür, dass du deinen Arm nach innen und außen drehen kannst (ohne es könnte uns die Queen nicht zuwinken).
- Das Ellen-Speichen-Gelenk schließlich ist ein sogenanntes Radgelenk – es ermöglicht das Drehen des Unterarms, damit du etwa ein Tablett balancieren kannst.
Gemeinsam erschaffen diese Gelenke, zusammen mit Schultern und Handgelenken, eine dreidimensionale Bewegungsfreiheit in deinen Armen.
Neben Knochen und Gelenkkapsel stabilisieren zahlreiche Bänder und Muskeln den Ellbogen. Deren spiraler Verlauf ist entscheidend, wenn es um die gesunde Ausrichtung der Armachse im Yoga geht.

Häufige Beschwerden: Wenn der Ellbogen sich meldet
Die gute Nachricht: Unser Ellbogengelenk ist stabil und hält viel aus. Verletzungen entstehen meist nur durch Stürze oder äußere Gewalt. Im Yoga sind solche Unfälle selten – was häufiger vorkommt, ist der Tennisarm.
Dieser äußert sich als stechender Schmerz an der Außenseite des Ellbogens, besonders spürbar, wenn du dich mit den Händen vom Boden wegdrückst – etwa in Chaturanga Dandasana oder der Planke.
Die Ursache liegt meist in einer fehlerhaften Kraftübertragung: Wenn die Belastung nicht aus Schultern und Oberarmen, sondern aus den Unterarmen kommt, geraten Sehnen und Muskeln aus dem Gleichgewicht. Das führt zu Reizungen und Schmerzen.
Mein Tipp: Wenn du Beschwerden spürst, meide vorübergehend Haltungen, in denen du gegen die Schwerkraft auf den Händen arbeitest. Fokussiere dich stattdessen auf die korrekte Ausrichtung deiner Armachse – das ist der Schlüssel zu gesunden, stabilen Stützhaltungen.
Die richtige Ausrichtung: Vom Fundament nach oben
Als Yogalehrerin schaue ich immer zuerst auf das Fundament, in diesem Fall deine Hände. Von unten nach oben analysiere ich den Körper und beginne auch, ihn von unten nach oben neu auszurichten. Der Ellbogen richtet sich als Verbindungsstück nach den Bewegungsimpulsen der Hände und der Schultern.
Das Grundprinzip einer korrekten, ellbogenfreundlichen Ausrichtung lässt sich am leichtesten an einem prominenten Beispiel, dem herabschauenden Hund, erklären.
So richtest du dich ellbogenfreundlich im herabschauenden Hund aus:
- Komme in den Vierfüßlerstand, platziere dafür deine Hände schulterbreit.
- Spreize deine Finger wie Sonnenstrahlen, sodass dein Mittelfinger in Verlängerung deiner Unterarme verläuft.
- Drücke deinen Kleinfinger-, Zeigefinger- und Daumenballen sowie alle Fingerkuppen sanft in die Matte, bis du spürst, dass sich dein Handgewölbe aufspannt.
- Strecke beide Beine, um in die Planke zu kommen, und schiebe dich von hier aus in den herabschauenden Hund, ohne den Abstand zwischen Händen und Füßen zu korrigieren (Ich weiß, es ist sehr verlockend!).
- Um jetzt die Schultern und die Armachse korrekt auszurichten, beugst du die Ellbogen Richtung Boden und drehst sie zueinander, bis die Achseln einander zulächeln. Jetzt sind deine Oberarme nach außen rotiert und die Muskeln aktiviert.
- Von hier aus beginnst du, deine Ellbogen zu strecken, ohne die Aufmerksamkeit für dein stabiles Fundament (Fokus hier: deine Hände) zu verlieren.
- Du schiebst dich mit den Händen weg vom Boden, vermeidest es, in den Schultern zu hängen. Gleichzeitig weiten sich deine Schultern, und deine Schulterblätter schmiegen sich aneinander. Jetzt ist deine Armachse in Verlängerung deines Oberkörpers ausgerichtet.
- Positioniere deine Ohren zwischen deinen Oberarmen, um deinen Nacken zu längen. Erinnere dich daran, es ist ein herabschauender Hund und kein nach hinten blickender Hund!
Voilà: Deine Armachse ist ausgerichtet. Alles hängt zusammen – Hände, Ellbogen, Schultern und Rumpf arbeiten als Einheit.

Natürlich hat jede Stütz- oder Balancehaltung auf den Händen noch Besonderheiten. Vor allem die Stabilität deines Schultergürtels und auch die Kraftübertragung auf den gesamten Rumpf spielen oft eine Rolle. Für die Frage, ob wir unsere Ellbogen durchdrücken dürfen, genügt der Blick auf den herabschauenden Hund.
In dieser Liveklassenaufzeichnung führt dich Dr. Ronald Steiner durch eine fordernde Ashtanga-Yogapraxis mit Faszien- und Alignment-Übungen für die Ellbogen:
Ist es schlimm, die Ellbogen durchzudrücken – oder nicht?
Wie zuvor erwähnt: Ganz isoliert gesehen, müssen wir uns um das Ellbogengelenk keine Sorgen machen. Um aber dauerhaft eine gesunde Kraftübertragung über die gesamte Armachse von den Händen bis zu den Schultern zu ermöglichen, ist die korrekte Ausrichtung der Armachse entscheidend.
Überstreckst du einfach nur die Arme, hängst du in den Gelenken. Eine Kraftübertragung ist unmöglich. Aber natürlich kann gerade die fehlende Kraft in den Schultern auch der Grund sein, warum du ganz unbewusst die Arme durchstreckst. Das ist oft ein wenig einfacher – und wir Menschen gehen ja gerne den Weg des geringsten Widerstands. Deswegen lohnt sich immer ein Blick auf die Ursache.
Natürlich ist der Hinweis auf die Mikrobeuge nicht falsch – sinnvoller aber ist es, das Gesamtverständnis der Ausrichtung, die Kraftübertragung und auch die Verbindung zum Rumpf spürbar zu machen. Erst wenn wir diese Verbindungen mit ihren Konsequenzen am eigenen Körper erfahren und damit erst wirklich kognitiv verstehen, können wir uns selbst so ausrichten, dass wir gesund bleiben.
Fazit: Verbinde Stabilität und Bewusstsein
Wenn du die Zusammenhänge in deiner Armachse verstehst und spürst, kannst du deine Praxis gezielt anpassen. Es geht nicht nur darum, die Ellbogen nicht durchzudrücken, sondern darum, eine bewusste, lebendige Verbindung zwischen Händen, Ellbogen, Schultern und Rumpf zu schaffen. Denn wie so oft im Yoga gilt: Erst wenn du die Verbindung fühlst, kannst du sie auch halten.



